Ein hoch vergnügliches Seminar in Politischen Wissenschanen mit Freaks, Rednecks und Tanzbären: RANDY NEWMAN spielt wieder

Dass Randy Newman seine Form der Rollenprosa am ehesten bei Eminem wiederfindet, hätte einem mal auffallen sollen. Der an sich eher simple Trick, die Protagonisten aus ihrem Innersten sprechen zu lassen (und ihnen die bittersten und bösesten Botschaften in den Kopf zu legen), ist eine Technik, die Newman seit dem ersten Album von 1968 praktiziert: „Linda“ und „Love Song“ etwa bringen übergeschnappte Liebestrunkene zur stammelnden Sprache. Im berühmten „God’s Song“ räsoniert der gelangweilte Schöpfer über sein Werk und verspottet die Menschheit, die ihm weniger bedeutet als die geringste Yucca-Palme. Auch andere Kabinettstücke – die zynische Abrechnung „It’s Money That I Love“, das noch immer vortreffliche „Rednecks“ und, jawohl, „Short People“ – funktionieren so gut, weil Geldgier, Rassismus, Borniertheit und Faschismus im gemütlichen Sud von Kumpanei, Einverständnis und Suff am üppigsten gedeihen.

Seit „Land Of Dreams“ hat sich Randy Newman oft auf autobiografische Sujets verlegt, denn die alten Kardinalthemen sind allgemein- und letztgültig abgehandelt. „Sail Away“ und „Good Old Boys“ liegen endlich in erweiterter Form vor, der Oscar ist gewonnen, die Schreibhemmung einigermaßen unter Kontrolle, obwohl seit „Bad Love“ auch schon wieder fünf Jahre verstrichen sind. Doch das Amerika, das Newman insbesondere auf „Good Old Boys“ (1974) so köstlich inszenierte, ist ganz genau das Amerika des Jahres 2004: In Songs wie „Mr. President“, „Political Science“ und „Every Man A King“, das dem Gouverneur Huey P. Long gewidmet ist, erkennt man scharf die Gestalt von George W. Bush. „Went dumb in/ Went dumb out, too“, schrieb Randy über texanische College-Deppen.

Die fröhliche Selbstironie, mit der dieser Großmeister der Grausamkeit sich in „I’m Dead (But I Don’t Know It)“ oder „Shame“ veralbert, ist vielleicht nicht ganz so subtil wie „William Brown“, „Ghosts“, „Old Man On The Farm“, „The Beehive State“, „You Can Leave Your Hat On“. Aber Randy Newman, jetzt 60, kann auf Rock’n’Roll pfeifen. Er steht nur vom Piano auf, um sich zu verbeugen.

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