Ein Kulturkampf um Chilly Gonzales

Chilly Gonzales hat als Musiker ja durchaus Polarisierungspotential. Die Kritikermeinungen rangieren (auch in unserem Haus) von "schlechtester Popmusik der Welt" über "irrer Typ" zu großen Jubelarien.

Nach dem Klavierkonzert ist vor dem Klavierkonzert. Dieses Motto gilt für den Exil-Kanadier Jason Charles Beck (alias Gonzales), der letzte Woche seine drei ausverkauften Abende im Berliner „Heimathafen“ mit tosendem Jubel des Publikums beendete. Nach kurzer Pause geht es nun über die Schweiz in die Niederlande und weiter zum fast schon traditionellen Nach-Weihnachts-Konzert in der Philharmonie in Köln; wo Gonzales auch seit einigen Monaten wohnt.

Interessanterweise mischt sich all die raumgreifende Heiterkeit, die seine subtilen Bühnen-Clownereien im glänzenden Bademantel plus Filzpantoffeln begleitet, mit einer scharfen, nahezu unversöhnlichen Kritik. „Die schlechteste Popmusik der Welt“, hieß es neulich in einer unserer Stammbars. Auch die Mitarbeiter dieses Hauses in Sachen „Gonzales Live“ sind durchaus gespalten. Wo die ein versöhnliches Entertainment („netter Abend! – Irrer Typ“) gepaart mit einer anarchistischen Behandlung des Klavier- und Klassik-Sujets sehen,  schlägt Gonzales tiefste Verachtung entgegen. Seine Meta-Scherzchen über HipHop, Hochkultur Dur und Moll seien schlimmer als alles Schlimme in der Popmusik, hießt es an Berliner Tresen.

Während Max Fellmann nach dem Gonzales-Gig im Münchner Prinzregententheater in der „Süddeutschen Zeitung“ in Jubelarien ausbrach („eine umwerfende Mischung aus viel zu großer Geste und grundsympathischer Selbstironie“), wird sein „Publikum auf die Bühne bitten“ als alberne Zirkusnummer geradezu verteufelt.

Ich selbst habe Gonzales drittes Gastspiel im Neuköllner „Heimathafen“ in Anwesenheit der Art Direction des „Musikexpress“ als erholsamen Wellness-Abend genossen. Gonzales‘ durch choreografiertes Programm ist sicherlich leichte Kavallerie, aber voller Meta-Tricks und Kultur-/Lebensweisheit. Umso erstaunter war ich über den Kulturkampf der später um die Bewertung der Abende ausbrach. Eine Heftigkeit, die weder Throbbing Gristle oder Elfen-Elektronik noch Indie-Bands im Beatles-Format nach sich ziehen. Gonzales – der kontroverseste (Pop-)Musiker unserer Tage!?

Chilly Gonzales – Composing Solo Piano II – Part 3:

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Tourdaten:

29. Dezember: Köln – Philharmonie (ausverkauft)

10. Mai 2013: München – Philharmonie im Gasteig

13. Mai 2013: Berlin – Philharmonie

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