Emotionsmusik ohne Grenzen

Badly Drawn Boy schraubte in Manchester an seinen Songs, als ihm Beck zuvor kam. Doch sieht er seinen Stilmix in einer langen Tradition

Damon Gough sieht nicht gerade aus, als bräche er demnächst unter Erfolgsdruck zusammen. Zwar weiß er, dass er nach grandiosen EPs und Konzerten jetzt auch ein grandioses Debüt-Album vorlegen muss. Aber er weiß auch, dass „The Hour Of Bewilderbeast“ genau das ist. Unter dem Pseudonym Badly Drawn Boy widmet sich der Mützenmann aus Manchester einer Musik, die er selbst „Future Folk“ nennt, manchmal aber auch progressiven Pop oder Post-Beck-Musik. Letzteres allerdings nur im Scherz. Gough sieht sich als Bruder im Geiste, leidet aber auch unter dem dauernden Vergleich mit dem amerikanischen Songwriter: „Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich in Manchester saß, vor mich hin musizierte – und dann kam dieser Typ namens Beck mit etwas ganz Ähnlichem. Das hat mich schon geschockt, weil er ja gleich so erfolgreich war, und ich dachte: Entweder bedeutet das, dass ich es jetzt einfacher haben werde – oder ich habe Pech gehabt und man denkt, ich sei ein Nachmacher. Das wäre gemein.“

Genau, denn erstens klingt Badly Drawn Boy doch britisch, und außerdem hat Gough eine interessante Theorie zu dem Stilmix, der Beck berühmt gemacht hat: „Es gab schon vor Beck Beck-Musik. Frank Zappa, das war der erste Beck. Und es gab Leute wie Captain Beefheart und Lou Barlow, die schon viel früher Musik gemacht haben, die keine Grenzen kennt. Beck ist nicht der Erste, der Beck-Musik macht Und ich werde nicht der Letzte sein.“

Dämon Gough war ohnehin immer eher Fan von Morrissey, Bob Dylan und vor allem Bruce Springsteen. Man kann sich mit ihm problemlos eine halbe Stunde über „Thunder Road“ unterhalten, um dann festzustellen, dass man erst bei der Hälfte des Songs angekommen ist. Über seine eigenen Lieder redet Gough nicht so gerne, weil er sein Publikum lieber selbst entscheiden lässt, wovon sie handeln. „Wenn ich Musik höre, will ich gar nicht alles verstehen. Lieber ist es mir, wenn etwas nicht direkt beschrieben wird, sondern unbestimmt bleibt. Geschichten, die nicht wirklich greifbar sind, deren Sinn man rein gefühlsmäßig aber trotzdem versteht“ Seine Texte schreibt er immer kurz vor der Aufnahme, weil er mit alten Emotionen nicht viel anfangen kann. Eine Melodie kann dagegen schon mal alt sein. Seit zehn Jahren schreibt er Songs, „und da findet man immer irgendwo irgendetwas wieder“. Dass es ihm nun endlich gelungen ist, ein komplettes Album aufzunehmen, betrachtet Dämon Gough ab kleines Wunder. In den letzten beiden Jahren hat er so viele Songs produziert, ohne zu wissen, auf welchem Werk sie wohl mal erscheinen werden. „In der Rückschau war das die beste Methode, weil es gar nicht darum ging, ein homogenes Album zu erschaffen. Ich habe einfach gemacht, was mir gerade gefiel – und einfiel“

Das Ergebnis ist bunt, unbedingt optimistisch und nie langweilig – ein Beck, über den sich Britannien freuen darf. l

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