Eric Clapton: Auf den Spuren von Judy Garland

Köln, Arena

Welchen Narren hat der Mann eigentlich an seinem Vorprogramm gefressen? Vermutlich erblickt Eric Clapton ein Stück seiner jüngeren Jahre im Antlitz und in den flinken Fingern von Doyle Bramhall. Outfit, Equipment, Endlos-Soli: Der Texaner spielt Quartett-Rock aus der Zeitmaschine, schwer bluesfundiert, doch immer wieder auch entgrenzt nach den Sternen greifend, die Jimi H. an den Himmel zauberte. Von dort stieg sodann ein „Gitarren-Gott“ in Blue Jeans und blauem Freizeithemd herab und „küsste Köln“, wie „Bild“ haarscharf beobachtet haben wollte. Um im Bild zu bleiben: Mehr als ein gehauchtes Bussi auf die Wange war zunächst nicht drin.

Ein Teppich in der Bühnenmitte suggerierte Wohnzimmer-Atmo in der ausverkauften Riesenarena. Entsprechend beschaulich spielte sich Clapton sitzend und akustisch mit Blues („Key To The Highway“) und Brasil („Reptile“) warm, wiegte sein dankbares Publikum mit frühen Hits („Tears In Heaven“, „Change The World“) in Sicherheit. Erst als ihm die bunte Stratocaster gereicht wurde, funkelten plötzlich selbst „My Father’s Eyes“, und „River Of Tears“ mutierte gar zum reißenden Strom, getrieben von den Sturzbächen, die Clapton seinem Instrument entlockte. Zwischendurch lud „Got You On Mind“ die adretten Frauen in der ersten Reihe zum schunkelnden Karnevalsnachklapp.

Ansonsten ignorierte Clapton sein neues Album weitgehend mit der Nonchalance eines Mannes, der längst nicht mehr in Promotion-Niederungen hinabsteigen muss. Dafür kam „Badge“ klar und konzentriert. Schließlich schwang er sich zu einem brennenden „Stormy Monday Blues“ auf, mit dem Feuer der frühen Jahre und der Eloquenz der späten. Der erste richtige Zungenkuss an diesem Abend tröstete fast über die üblichen Edel-Schnulzen („Wonderful Tonight“) hinweg und über ein eher hölzernes „Cocaine“. Dann griff sogar Keyboarder David Sancious zur (dritten) Gitarre, um „Layla“ endlich wieder der schaumgebremsten Unplugged-Leier zu entreißen, inklusive genießerisch zelebrierter Coda.

Im Finale wurde der Bogen zurück zum Anfang gespannt: Ein sehnsüchtiger Mittfünfziger auf dem Hocker wandelt auf den Spuren von Judy Garland. „Somewhere Over The Rainbow“ erfüllt ein blauer Himmel tatsächlich alle Träume.

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