Eric Clapton – Kiel, Ostseehalle

Nicht als Nikolaus verkleidet, sondern gewohnt schmucklos in Jeans und T-Shirt, präsentiert sich der Meister am entsprechenden Tag des Jahres seiner treuen Gemeinde, auf der Bühne begleitet von acht auserwählten Jüngern. Das – vorsichtig formuliert – nicht überzeugende jüngste Album liefert den Grundstock für die erste Konzerthälfte: Clapton beginnt die Show (selbstredend ohne jede Effekte!) mit „My Father’s Eyes“ – und läßt zum Unmut des ungeduldigen Publikums gleich weitere No-Name-Tracks von „Pilgrim“ folgen. Daß anfangs der Sound nicht gerade meisterhaft ausgesteuert ist, daß die Gitarre lärmt und scheppert, kommt erschwerend hinzu. Und dies bei einem beinharten Perfektionisten wie Clapton! Zum Glück wird bald alles besser.

Nach einer halben Stunde hat sich Clapton eingespielt. Das puristische Bühnenbild, das in seiner Schlichtheit den Fokus zusätzlich auf die Musik lenkt, wird um eine Reihe Stühle bereichert – die Musiker nehmen Platz. Es folgt ein Unplugged-Set mit dem allseits bekannten Repertoire, das Clapton zu seiner zweiten Karriere verhalf. Wie auf Knopfdruck springt nun der Funke über, und bei den ersten Akkorden des obligaten „Layla“ gibt es natürlich kein Halten mehr. Auch als Clapton nach einem halben Dutzend Akustiknummern wieder zur Stratocaster wechselt, behält er den Weichspüler im Hauptwaschgang und erfüllt so manchen heimlichen Publikumswunsch: „Tears In Heaven“, „Change The World“, „River Of Tears“. Mit der gebotenen Nostalgie werden die Klassiker aus vergangenen Tagen zelebriert – von „Wonderful Tbnight“ bis zum obligaten Cream-Kracher „Sunshine Of Your Love“. Unüberhörbar die Anleihen bei Claptons Blues-Ziehvätern, bei John Lee Hooker, Bo Diddley und vor allem Muddy Waters. Da Clapton ausnehmend gut bei Stimme ist, gelingen die ruhigen und spärlich instrumentierten Blues-Songs am besten. Zur Zugabe „Before You Accuse Me“ holt er schließlich Jimmy Vaughan auf die Bühne, der mit seiner Band schon das Vorprogramm bestritten hatte.

Daß er nicht der geborene Entertainer ist, stellte Clapton einmal mehr unter Beweis. Er spielt Gitarre, verzieht keine Miene, ignoriert das Publikum, als sei er Autist. Doch das Publikum ist genügsam – man kennt sich ja. Niemand erwartet mehr Wunder von dem Mann, der mal Gott war.

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