Eric Clapton: Koketter Kniefall

München, Olympiahalle

Wen liebt Eric Clapton am meisten? Robert Johnson, den Blues im Allgemeinen – oder doch sich selbst?

Die Stimmung war exzellent (obwohl man, einem Anschlag an der Tür zufolge, enttäuschenderweise keine „Laserpointer“ mit in die Halle nehmen durfte). Den 10000 Zuhörern gefielen alle Lieder, denn es war nie so, dass Eric Clapton ein Lied spielte und hinterher keiner applaudierte oder nur signifikant wenige. Das vorweg. Besucher von Festzelten regen sich ja immer auf, wenn in der Lokalzeitung verschwiegen wird, dass die Oldies-Band auf der Bühne total gut ankam. Eric Clapton und seine Band kamen total gut an in München, was man keinem der Musiker persönlich übel nehmen darf.

Trotzdem muss man sich klar machen, was es denn heute bedeutet, Eric Clapton gut zu finden. Unter anderem bedeutet das, eine zehnminütige Version von „Have You Ever Loved A Woman“ begeistert durchzusitzen, in der nach einem unglaublich langen Gitarrensolo von Claptons Sidekick Doyle Bramhall III ein unvorstellbar ausgedehntes Piano-Solo von Chris Stainton kommt. Und dabei nicht zu vergessen, dass ganz links auf der Bühne noch Billy Preston darauf wartet, ein sich beispiellos hinziehendes Orgelsolo zu spielen. Ganz normal, so sind die Rituale von Bluesgruppen. Aufstachelnde Brillanz darf man nicht erwarten.

Was das eigentliche Problem ist, kann man an einem kleinen, nebensächlichen Detail erkennen. Clapton singt den „Kind Hearted Woman Blues“ von Robert Johnson, dem er bekanntlich sein letztes Album gewidmet hat, „Me And Mr. Johnson“. Die Band spielt davon nur drei Stücke, und im besagten Lied singt der Sänger nun mal: „Now there ain’t but the one thing/Makes Mister Johnson drink.“ Dass Clapton hier natürlich nie den eigenen Namen einsetzen würde, dokumentiert die ganze Widersprüchlichkeit dieser Adaption: Der kniefällige Respekt vor dem Original. Gleichzeitig das emotionale Theater, als ob er aus tiefster, eigener Seele musizieren würde. Das Dilemma löst Clapton nicht, eingebrockt hat er es sich selbst. Und wenn Berichterstatter anschließend feststellen, dass die Schicksale von Robert Johnson (dem armen Wandersmann) und Eric Clapton (dem besserverdienenden Ex-Junkie) doch ähnlich seien, ist das sicher nicht in Claptons Sinn, aber ein Vergleich, den er provoziert hat. Seine eigenen Lieder, „Let It Rain“, „Badge“, klingen großartig im Olympiahallen-Super-Dolby-Sound. Bei „I Shot The Sheriff“ spielt er gar ein vor Leidenschaft splitterndes Solo, das einem den Atem raubt, den man später zum Gähnen dringend gebraucht hätte.

Zu „Layla“ flimmern Spots über die Decke, die Background-Sängerinnen tanzen im Vorder-Ground, die Leute lächeln, als hätten sie zwei Stunden nur auf dieses eine Lied gewartet.

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