Faith No More: General Patton und die Rituale

Berlin, Wuhlheide

Er tut ihnen den Gefallen natürlich nicht. Einst hatte Mike Patton erwähnt, eine Faith No More-Reunion käme nicht in Frage, man habe bereits eine Karre Geld abgelehnt. Er sei indes bereit, die Sache zu überdenken, sollte jemand mit, nun ja: zwei Karren Geld ankommen.

Das ist offenbar geschehen. Und nun will Patton wenigstens Spaß haben mit der stets süffisant bespöttelten Band – freilich auf seine Weise. Also stehen nun vier mittelalte Männer in sagenhaft geschmacklosen Anzügen und spielen ein sanft perlendes Jazz-Lick. Plötzlich brandet Applaus auf, doch Patton hechtet nicht durch einen brennenden Reifen auf die Bühne oder wird per Hebebühne auf selbige gebeamt, sondern er kommt von hinten angehumpelt. Im Stile eines zweitklassigen, in die Jahre gekommenen Gigolos mit schleimiger Ölfrisur, Grünzeug im Knopfloch und einem Drink in der einen und Krückstock in der anderen Hand. Ganz recht, ein Krückstock. Aus dem Gedudel wird nun eine ziemlich smarte Version des Peaches & Herb-Klassikers „Reunited“. Was auch sonst.

Patton ist als ätzender Komiker und Entertainer ebenso bekannt wie als männliche Version einer geifernden Alten, aber das ist nun wirklich mal ein Statement. Da den Witz leider kaum einer versteht, greift er zu noch weniger subtilen Mitteln. Faith No More covern „Pokerface“, während „We Care A Lot“ macht Patton später am Abend Sit-ups – „It’s a dirty Job but someone’s gotta do it.“ Rocktypische Rituale wie die Frage nach dem Befinden der Zuschauer bleiben folglich dem kumpeligen Billy Gould vorbehalten, dessen slappender Bass ein bisschen sehr in den Neunzigern hängen geblieben ist.

Bitte Pattons Sarkasmus nicht überbewerten. Denn er singt ja trotzdem „Be Aggressive“ und „King For A Day“ und „The Real Thing“, und er singt diese Songs so schön wie nie zuvor, und am Ende ist es dunkel und es ist tatsächlich die ganz große, weihevolle Rückkehr, die man erhofft hatte.

Das scheint dem Sänger unheimlich zu sein, weshalb er ein letztes Mal den Spielverderber mimt: Man solle sich nicht einem so entwürdigenden Ritual wie der Forderung nach Zugaben hingeben, sondern lieber nach Hause gehen. Dann spielen sie mit „Pristina* aus „Album Of The Year“ einen echten Stimmungstöter. Am Ende werden trotzdem nicht Mr. Bungle oder Fantomas bleiben, sondern es sind die Songs und Melodien von Roddy Bottum, Mike Bordin, Billy Gould und John Hudson, die dieses einmalige Talent am besten spiegeln. So war es immer, so ist es auch jetzt. Und so bleiben sie auf ewig in Hassliebe vereint.

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