Fast alles über Eva

So, jetzt berichten wir doch noch über Juli - weil diese Band uns viel über Sidos Puller, Wasser-Metaphern und die Punks vom Dorf erzählen kann.

Sie wären ein traumhaftes Paar: Jorinde und Joringel des deutschen Pop, oder die bürgerliche Ausgabe von Schlawinerprinz Ernst-August und Prinzessin Caroline. Aber nein – es soll ja gar nichts gelaufen sein zwischen Juli-Sängerin Eva Briegel und HipHop-Schlemihl Sido. Obwohl der, seit sich beide bei Stefan Raabs „Bundesvision“-Gesangswettbewerb trafen, emsig über ein angebliches romantisches Stelldichein tratscht. Daß man plötzlich in den erotischen Fantasien wildfremder Maskenmänner mitspielt, ist nur ein kleiner Nebenaspekt des Ruhms, an den sich die Band aus Gießen im vergangenen Jahr so eilig gewöhnen mußte. Ihre erste Single „Perfekte Welle“ war der Spätsommerhit, das Album „JEs istjuli“ verkauft sich immer noch wie geschnitten Brot. Im ROLLING STONE-Leserpoll kam Juli in der Kategorie „Newcomer“ auf den sechsten Platz, „Perfekte Welle“ wurde zehntliebste Single, und sie fehlten in keinem eilig dahingeschluderten Feature über das letzt jährige Der-deutsche-Pop-ist-wieder-wer-Gesumms. Obwohl Juli selbst keine Lust haben, die Erben der „Helden“ zu sein.

Früher spielten Juli als schnippische Reaktion live ein Medley aus Liedern von Wir sind Helden und Silbermond. Für ihre erste eigene Tour durch mittelgroße Hallen haben sie es gestrichen, dafür gibt es zweimal „Perfekte Welle“. Das geht wieder, die vorübergehende Airplay- und Live-Verbannung nach dem Tsunami ist aufgehoben. „Dabei hat der Text nichts mit Wasser zu tun“, sagt Gitarrist Jonas Pfletzing. „Aber wir hatten auch schon das halbe Jahr davor damit verbracht, den Leuten zu erklären, daß das mit der Welle einfach nur ein Scheiß-Bild ist. Die wollten immer wissen, ob wir surfen.“ Irre Frömmler schrieben der Band Mails, die sie beschuldigten, die Flutwelle herbeigesungen zu haben. „Das ist vorbei , sagt Gitarrist Simon TriebeL, Jetzt schreiben uns welche, die persönlich beleidigt sind, daß wir ‚Bundesvision‘ gewonnen haben.“

Und wie war das nun mit Sido? „Er hat zu uns gesagt: ‚Ich hasse euch nicht, ich finde euch nur kacke.‘ Und dann hat er quer durch den Raum gebrüllt: Jschfinddischscharf!‘ Das war’s“, sagt Eva. „In meine Videokamera hat er noch eine Botschaft an unsere Fans gesprochen“, sagt Schlagzeuger Marcel Römen „Denkt immer dran, mein Puller ist sauber und frisch rasiert.“ „Seit er die Maske abgenommen hat, ist er so gesichtslos“, sagt Simon. Eine schöne Textzeile für eine neues Juli-Lied.

Wäre eine Liason mit Sido nicht die Möglichkeit zu einem interessanten Image-Wechsel gewesen? „Nö“, sagt Eva. „Ich möchte schon echt sein.“ Weswegen es schmerze, wenn im Internet in „einem extrem kredibilen Indie-Forum“ wenig wohlwollend über ihren Intellekt debattiert wird. „Ich hab mir die Profile von denen angeguckt Das waren natürlich so Ich-hör-nur-Bands-die-keiner-kennt-Typen“, sagt Eva. „Ich kann mit Pißkritik nicht gut umgehen. Auch wenn ich weiß, das hat mit uns nichts zu tun – es verletzt mich, wenn mir jemand schreibt: ,Du siehst aus wie ’ne durchgefickte Schlampe‘.“

Auf der Juli-Fanseite muß sie derlei nicht befürchten. Der Moderator tritt hier schon mahnend auf den Plan, wenn jemand mal „Scheiße“ schreibt. Ist Juli die Band für die neu-konservative Spießerjugend, die Soziologen ausgemacht haben?

JONAS: Wenn es darum geht, daß die Jugend heute weniger schockt, sind wir ein gutes Beispiel dafür. Wir sind fünf Obere-Mittelschichtkinder mit guten Umgangsformen.

MARCEL: Wir haben nie gefroren! Wir haben auch Abitur!

Eva: Man kann ja auch nicht aus einem 1500-Seelen-Dorf in Mittelhessen kommen und sagen: Ich mach jetzt hier Ramones.

Die Versuchung, ein bißchen wild zu tun, sei aber schon da gewesen, räumt Jonas ein: „Wir sind mit der Band Kain befreundet, das sind Ur-Berliner, die sich’s nur dreckig geben und viel härtere Musik machen. Da dachten wir damals: Mann, das wär’s! Aber dann haben wir gelernt, was Eva sagt: Man ist eben das, was man ist! Und wenn wir jetzt sagen würden, wir ziehen nach Berlin und machen auf Berliner Band, das war peinlich!“ Obwohl: „Nach Berlin ziehen könnten wir ja theoretisch trotzdem…“

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