Folk im Hasenfell

Nachdem sie zuletzt Rilo Kiley-Sängerin Jenny Lewis begleite­ten, zeigen die Watson Twins nun als Songwriter, was sie können.

Bestimmt „vier oder fünf Mal“ pro Jahr zieht es Leigh und Chandra Watson in die alte Heimat. Manchmal bringen die Zwillinge sogar einen Song mit aus Louisville/Kentucky. Dann spielen sie „Just Live Heaven“ von The Cure, das sie beim Weihnachtsbesuch in einer „Top 100-of-irgendwas“ wiedergehört hatten, einfach wie einen Neil Young-Song – und dafür „Powderfinger“ auf der „Frauen-singen-Neil“-Compilation „Cinnamon Girl“ so schockgefroren auf seine Story reduziert, wie es Young ohne sein emphatisches Gitarrenmotiv kaum könnte.

„Ein gutes Cover ist einfach ein Kommentar zu einem großartigen Song“, sagt Leigh Watson in ein Telefon im Bohémien-Viertel Silverlake in Los Angeles. „Du kannst ihn drehen und wenden, der Kern bleibt. Aber egal, was wir covern, es kommt im Prinzip immer dasselbe raus. Auch ‚Just Like Heaven‘ klang gleich beim ersten Versuch so verlangsamt. Und dann holte Chandra noch ihre Mundharmonika. Wenn es so einfach geht, weißt du jedenfalls, dass du den richtigen Song genommen hast.“

Von dem freilich ihre Produzenten Russell Pollard und J. Soda erst überzeugt werden mussten. „Warum ein Cover?“, fragten sie. „Ihr habt genug eigene Songs.“ Nicht weniger als 40 standen Schlange, 17 kamen in die engere Wahl, 10 davon blieben fürs Albumdebüt „Fire Songs“ -denn, lacht Leigh, „niemand will die Watson Twins mit einer Doppel-CD hören“. 2006, an der Seite von Jenny Lewis, wollte sie jeder hören, als sie mit „Rabbit Fur Coat“ um die Welt und in manche Bestenliste (ein-)zogen. Dass die Zwillinge auch ohne die Rilo Kiley-Sängerin bestehen können, überrascht nicht. Parallel zur Arbeit mit Lewis hatten sie bereits ihre „Southern Manners“-EP geschrieben und aufgenommen.

Auch nach Lewis schreiben Leigh und Chandra weiterhin getrennt – und doch läuft es letztlich auf ein gemeinsames Werk hinaus. „Wir arrangieren dann zusammen, was Änderungen am Song an sich einschließen kann“, erklärt Leigh. „Wir sind als Songschreiber einfach zu verschieden, und zumindest für dieses Album war es wichtig für uns beide, das auch durchzuexerzieren. Ich schreibe direkter, Chandra mag es mystischer, mit mehr Metaphern. Mit ‚How Am I To Be‘ hat sie aber auch das eingängigste Pop-Stück beigesteuert.“

Ausgerechnet dieser Eröffnungssong ruft noch am stärksten „Rabbit Fur Coat“ in Erinnerung – fast so, als wollten die Watsons denen nicht gleich vor den Kopf stoßen, die sie an der Seite von Frau Lewis entdeckt haben. „Es klingt einfach gut zu Anfang mit diesem Piano, so leicht“, erklärt Leigh. „Wir wollten die Leute damit auch überraschen, denn andere Songs haben doch eher diesen Americana-Sound unserer EP.“ Jedenfalls entfachen die Twins, um im Titelbild zu bleiben, ein Feuer, das eher beständig züngelt, als wild zu lodern.

Doch entwickelt der mild experimentierende Folk’n’Country-Rock allein aus dem Zauber der zwei Stimmen nachhaltige Wirkung. „Wir sind seit neun Jahren in L.A. zu Hause, aber Kentucky ist immer noch ein großer Teil von uns“, sagt Leigh. „Dieser slow, sticky South steckt immer noch in unserer Musik. Fast wie die See hat Louisville diese Anziehungskraft, die die Leute nicht loslässt?“

Jörg Feyer

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