Freaks im Hotel

Für einen Regisseur sind Filmfestivals die Live-Performance. Im Prinzip der einzige Moment, in dem es wirklich eine Art Show um den Film gibt, eine Inszenierung, in der man eine gewisse Rolle spielt. Das ist die große Nacht, die wir so intensiv wie möglich genießen sollten -wer weiß, was danach sein wird“, sagte Regisseur Wes Anderson im Frühjahr 2012 dem ROLLING STONE. Jetzt ist es wieder so weit. Nachdem Anderson zuletzt seine Teenager-Saga „Moonrise Kingdom“ im frühsommerlichen Cannes vorgestellt hatte, kommt er nun wieder ins graue Winterdeutschland. Und dann gleich zur offiziellen Eröffnung der Berlinale (6. bis 16. Februar 2014). Im Gepäck: Sein neuer Film „The Grand Budapest Hotel“, der mit großem Staraufgebot in der Altstadt von Görlitz gedreht worden ist. Seit „Rushmore“(1998) und „The Royal Tenenbaums“(2001) ist Anderson bekanntlich ein Spezialist für verschrobene, linkische Charaktere. Er sezierte die Neurosen der amerikanischen Gesellschaft, steckte Familien in rote Trainingsanzüge und ließ ein junges Pärchen vor dem schnöden Erwachsenenleben flüchten. Nun widmet er sich in einer bittersüßen Komödie dem alten Europa im Jahre 1932. Die Verwerfungen des drohenden Faschismus kündigen sich bereits an, während Pomp, Plüsch und Personal noch den Geist der Kaiserzeit verströmen. Dafür ließ Anderson ein ehemaliges Görlitzer Jugendstilkaufhaus in ein fiktives ungarisches Grandhotel verwandeln. Im pompösen Ambiente wird die schrullige Madame D (Tilda Swinton) tot aufgefunden. Ihr Sohn Dimitri (Adrien Brody) will die Tat dem melancholischen Grandhotel-Concierge Gustav (Ralph Fiennes) anhängen, während dieser sich mit dem Pagen Zero Moustafa (Tony Revolori) verbündet. Eine übersprudelnde Geschichte um Kunst, großes Geld und Meuchelmord nimmt ihren Lauf. Anderson packt seine Vision einer untergegangenen Epoche in ein filigranes Ränkespiel, in dem auch Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Harvey Keitel, Jude Law und -natürlich -Bill Murray ausgiebig unter Kronleuchtern schwelgen.

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