Ganz bei sich selbst

Der Komödiant Bastian Pastewka unterscheidet sich nicht sehr von seinem tutigen Alter ego im Fernsehen

In der ersten Folge der nach ihm benannten Sat.1-Personality-Serie nervt Bastian Pastewka seine Nichte mit einem kleinen Ratespiel. Er legt, eine Kassette in den Autoschlitz und fragt das überaus angeödete Mädchen nach dem Namen der gesuchten Melodie. Natürlich errät sie die nicht, weil es pubertierenden Gören nun mal völlig wurscht ist, wenn gut meinende Onkels skurrile Musikinteressen pflegen. In der Serie wird nicht aufgelöst, um welche Melodie es sich handelt, aber wenn man zufällig mal den echten Bastian Pastewka trifft, liefert er gerne den gefragten Titel. Daß es sich um die Erkennungsmelodie der früheren ZDF-Sendung „Kennzeichen D“ handelte, verrät er dann und daß es die eigentlich gar nicht auf Platte gibt. „Ich habe die aber trotzdem“, schiebt er nach, und seine Mimik verrät bei diesem Satz, daß im Inneren des Komikers gerade Euphorie in Großpackungen ausgegeben wird.

Pastewka ist in Sachen Fernsehmusik ein echter Maniac. Über 1000 Lieder befinden sich auf seinem i-Pod, die Mehrheit davon Melodien aus Film und Flimmerkiste. Es gibt wohl keinen anderen Künstler, der sich so leicht aus seinem beruflichen Ich verabschieden kann wie Pastewka, wenn man ihn nur zum Thema sinnlose Musik befragt. Ja, er sei ein Fahrstuhlmusikfetischist, sagt er. Das gibt er offen zu. Hin beschäftigt enorm, was andere nur nebenbei konsumieren. Pastewka weiß, welche Musik zu welchem Louis-de-Funes-Film paßt, wozu Charlie Chaplin tippelte und welcher Sound welchen Edgar-Wallace-Film veredelte. Stunden kann er damit verbringen, zur Demonstration seinem i-Pod die besten Melodien zu entlocken. „Super, ne?“, fragt er dann und sieht dabei aus wie ein kleiner Junge, der vor den Augen seiner Mutter gerade stolz einen toten Frosch aus der Hosentasche kramt.

Man weiß in solchen Momenten nicht mehr sofort, ob man sich noch im richtigen Leben befindet, oder ob man vielleicht bereits Teil der Fernsehserie „Pastewka“ ist. Die gab schließlich vor, das „wahre“ Leben des Komödianten zu beleuchten, aber wenn man Pastewka ein paar Mal live erlebt hat, fragt man sich bald, ob die Anführungszeichen bei „wahr“ wirklich nötig sind. Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, daß das Geschehen in der Serie schon sehr echt ist. Möglicherweise rollen die Widrigkeiten ein wenig geballt über den Lebensweg des verträumten Bastian, aber so ist das nun mal: Fernsehen lebt halt von Verdichtung.

Fest steht aber auf jeden Fall, daß Pastewka mit dieser Rolle den vorläufigen Zenit seiner Karriere erreicht hat und nun mit Nominierungen für alle gängigen Fernsehpreise rechnen muß.

Der 33-Jährige ist eben im besten Sinne ganz bei sich selbst. Nicht ohne Grund gilt die Serie „Pastewka“ neben „Stromberg“ als das Highlight des TV-Jahres, und wie zufällig sind beide miteinander verbunden. Fragt man nämlich Pastewka nach einer Serie, ohne die er nicht leben könnte, zählt er erst ein paar seltsame englische Formate auf, um dann, wenn man ihn in nationale Schranken weist, sofort bei „Stromberg“ zu landen.

Die pseudodokumentarische Comedy-Form. die Christoph Maria Herbst für seinen fiesen Chef Stromberg gefunden hat, begeistert Pastewka wohl, weil seine eigene Serie ebenfalls einen gewissen Reality-Anspruch erhebt und auch auf dem Grat Bastian Pastewka in der „Wochenshow“ als Sex-Berater Brisko Schneider

zwischen Wirklichkeit und Kunst balanciert. Außerdem ist Herbst ein geschätzter Kollege Pastewkas, einer, der ihm ab Ende November zudem besonders auf die Pelle rücken wird. Da spielen die beiden nämlich gemeinsam in Berlin Theater. In der Komödie am Kurfürstendamm treten sie in dem Stück „Männerhort“ auf.

Was danach kommt, weiß Pastewka noch nicht. Möglicherweise hat Sat.1 ja Lust, die kleinen Geschichten aus dem Komiker-Leben fortzusetzen. Das will Pastewka aber nur tun, wenn man ihm das gleiche Team wie bei den ersten Folgen zusichert. Daran hänge viel, sagt er. Bei einem neuen Team müsse man wieder alles erklären.

Von vorn anfangen mag Pastewka indes nicht. Dafür ist er einen zu weiten Weg gegangen. Schließlich gelingt es ihm langsam, die Figur des „Brisko Schneider“ aus der „Wochenshow“ abzuschütteln. Oft ist er dann eben der trottelige Alltagsversager, der im Supermarkt keinen Einkaufswagen nimmt und dann voll gepackt vor der Kasse steht und dort Ballettschritte hinlegen muß, damit ihm nicht das Baguette aus dem Schritt fällt. Das hat er einmal vorgemacht in der RTL-Show „Ohne Worte“. Seitdem wird er manchmal im Supermarkt empfangen mit den Worten: „Diesmal nehmen Sie aber einen Wagen.“ Pastewka fügt sich.

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