Gefangen im Klangkörper

Der Elektronik-Ausflug von Bob Mould war ein Flop. Die Gitarre bleibt das Nonplusultra

So was nennt sich wohl Midlife Cnsis. Nach Jahrzehnten glücklich-unglücklicher Zweisamkeit mit diversen Spielarten des alternativen Gitarrenrock bei Hüsker Du und Sugar erklärte Bob Mould plötzlich, daß er keine Lust mehr habe, mit einer Rockband auf Tour zu gehen. Einige Zeit später verlor er auch noch das Interesse an der Gitarre und verschenkte stattdessen sein Herz an die elektronische Musik. Die Krise ist zwar überstanden, sein neues Album „Body Of Song“ für die reumütige Rückkehr zur Gitarre zu halten, empfindet Bob Mould allerdings als großes Mißverständnis. „Vor einem Jahr habe ich zwar die Gitarre wiederentdeckt, die Elektronik spielt auf der Platte aber weiter in fast allen Songs eine große Rolle, sie ist bloß nicht mehr so laut“, sagt er. „Ich glaube, ich habe jetzt die richtige Balance gefunden.“

Das gilt auch privat. Bob Mould ist 44 und fühlt sich endlich irgendwo angekommen. „Ich bin ausgeglichen und zufrieden wie noch nie“, sagt er. Das könnte damit zu tun haben, daß er vor drei Jahren nach Washington, D.C., gezogen ist, in eine Stadt, in der die meisten Leute Bürojobs nachgehen. Mould, der früher immer die Nächte durcharbeitete, hat sich angepaßt, schreibt jetzt tagsüber, um abends mit Freunden um die Häuser ziehen zu können.

Und nachdem er lange brauchte, bis er den Mut aufbrachte, sich als homosexuell zu outen, lacht er inzwischen herzlich darüber, wenn er vom „Out“-Magazin als „schwule Rock-Ikone“ bezeichnet wird, oder genießt es, beim Capital Pride Festival in Washington von 100 000 Schwulen und Lesben gefeiert zu werden. Vom zornigen Hardcore-Jüngling hat er sich zum gesundheitsbewußten Clubber entwickelt, der ins Fitness-Studio geht und mit Richard Morel – berühmt-berüchtigt für seine Depeche Mode– oder The Killers-Remixe – eine Partyreihe namens „Blowoff“ schmeißt, bei der er neben Indierock auch mal House auflegt.

Für Mould ist das kein Widerspruch. Er findet, daß sich der Ansatz von Remixern wie Junkie XL oder Full Intention eigentlich nicht sehr von dem unterscheiden, was er macht, außer daß es sich dabei um Tanzmusik handelt: „Meine Songs baue ich um ein bestimmtes Gefühl herum auf. Und es ist mir egal, wie ich zu einem Ergebnis komme: ob mit einem Loop oder mit einer akustischen Gitarre, mit einer kleinen Melodie, Wortfetzen oder Soundschnippseln.“

Mould ist heute mit sich und seinem Leben so zufrieden, daß das sogar die Verzweiflung, Wut und Frustration, die seine Zeit bei Hüsker Dü prägten, rosarot einfärbt: „Ich war eigentlich nie so unglücklich, wie die Musik einen glauben machte“, behauptet er. Und auch seine Unlust, mit einer Rockband auf Tour zu gehen, hat sich in Wohlgefallen aufgelöst. Jetzt freut er sich darauf, mal wieder mit einer Band zu touren, zu der neben Brendan Canty von Fugazi auch sein „Blowoff“-Partner Richard Morel gehört – und verspricht bei den Gigs im September in Hamburg und Köln Stücke aus all seinen Schaffensperioden zu spielen. „Ich habe keine Ahnung, wie das Hüsker-, das Sugar- und das Solo-Material klingen werden, wir haben ja noch gar nicht geprobt“, sagt er fröhlich, „aber eines weiß ich: Es wird auf jeden Fall sehr gitarrenlastig.“

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