Gene Clark – „Gene Clark (White Light)“

Die ersten beiden Byrds-Alben haben sicherlich einige schöne Songs zu bieten und auch aus musikhistorischer Sicht einen gewissen Stellenwert. Doch man will ja nicht der Musikhistorie, sondern feiner Musik lauschen, und so richtig gut wurden die Byrds erst, als sie begannen, sich von Bob Dylans Rockzipfel zu lösen. Das war auch die Zeit, in der ihr talentiertester Songschreiber Gene Clark die Band verließ. Dies allerdings nicht, ohne den verbleibenden Musikern seinen größten Coup "Eight Miles High" zurückzulassen, der seine Brillanz freilich erst durch Roger McGuinns Free-Jazz-inspirierte Gitarre entfaltete.

Obwohl Gene Clark nun kein Byrd mehr war (wenn man von einem kurzen Gastspiel 1967 und einigen Reunion-Versuchen in den späten 70ern absieht), sollte er trotzdem immer einer bleiben. Seine Solo-Alben standen dabei stets im Schatten der Ex-Band: Das Debüt erschien fast zeitgleich mit dem Byrds-Meisterwerk „Younger Than Yesterday“. Als die Welt „Sweetheart Of The Rodeo“ und Dylans „Nashville Skyline“ feierte, ging „The Fantastic Expedition Of Dillard & Clark“, ein mindestens ebenbürtiger Versuch, Country mit Pop (der damals noch „Rock“ hieß) zu vereinen, ziemlich unter.

Anfang der 70er sollte alles anders werden. Nachdem die erfolglosen Jahre nicht spurlos an ihm vorbeigegangen waren, zog sich Clark nach Nordkalifornien zurück, um Kraft zu tanken. Nicht ohne Erfolg: Als er sich schließlich mit dem Gitarristen und Produzenten Ed Davis an die Arbeit machte, brachte der Sänger seine bis dato schönsten Songs mit ins Studio.

„And those you need not you have left behind/ And those you keep in mind you know to heed them/ Across the bridge, across the river/ Where we’ve never been before/ Within and out of worlds around us/ And in the light of finding more“ ­ Songs über Freiheit, die Emanzipation des geschundenen Individuums, aber auch den Verlust der Unschuld, nach dem nur noch Träume Hoffnung spenden können. „So with tomorrow I will borrow/ Another moment of joy and sorrow/ And another dream and another with tomorrow“. Doch dieser Liederreigen spendet Trost: „Don’t you come down, don’t you feel bad/ Even though your dreams are of the things you’ve never had/ Close to the earth/ Near to the sun/ Reflecting your own life/ You can see that you can be more than one/ Hear the bells ring, morning has come.“ The Freewheeling Gene Clark.

Ein, natürlich wieder erfolgloses, Album von berückender Schönheit, das klingt, als hätten Neil Young und The Band gemeinsame Sache gemacht ­ mit ein paar Gastauftritten von George Harrison. Selten spielten akustische und elektrische Gitarre so perfekt zusammen wie hier. Die Plattenfirma hatte vorgeschlagen, dass Album nach dem gleichnamigen Song „White Light“ zu nennen ­ passend zur Abbildung auf dem Cover. Dort sitzt Clark vor der untergehenden Sonne in ansonsten kompletter Dunkelheit. Doch aus unerfindlichen Gründen tauchte der Titel auf dem Cover nicht auf, da stand nur „Gene Clark“ – was ob der introspektiven Stücke wie eine Fügung schien.

„And the workings of sunshine and rain/ And the visions they paint that remain/ Pulsate from my soul through my brain/ In a spanish guitar“, singt Clark in „For A Spanish Guitar“, einem Song, den auch Bob Dylan vermutlich gerne geschrieben hätte. Wie nahe Clark seinem großen Vorbild mittlerweile war, zeigt seine Interpretation von Bobs „Tears Of Rage“, die sich ohne Bruch zwischen die Clark-Originale fügt. „Tears of rage, tears of grief/ Must I always be the thief?/ Come to me now, you know/ We’re so alone/ And life is brief“.

Fürwahr, Gene Clark veröffentlichte anschließend noch „Roadmaster“ (zunächst nur in den Niederlanden!), „No Other“, danach noch einige Nebenwerke und starb schließlich am 24. Mai 1991 – ­ Bob Dylans 50. Geburtstag.

A&M, 1972

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