„A Hard Day’s Night“: Wie die Beatles zur Marke wurden

„A Hard Days Night“ steht für so ziemlich alles, was Popmusik ausmacht, ist elektrisierend, lustig, romantisch, rebellisch, identitätsstiftend und rein marketingtechnisch ein oft nachgeahmtes, nie erreichtes Meisterwerk.

„A Hard Days Night“ ist natürlich untrennbar mit dem gleichnamigen Film verbunden. Auch, wenn es aussieht, als sei das Album nur ein Nebenprojekt des Films (man hatte zunächst nur die sieben im Film vorkommenden Songs, die man hier auf der ersten Seite hört, die sechs Stücke auf der zweiten Seite mussten mit heißer Nadel flugs noch dazugestrickt werden), sahen die Produzenten den Film damals nur als kaufförderndes Element für die neuesten Hits, das möglichst billig produziert werden sollte.

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Die Charaktere, die die Vier im Film angezogen bekamen – John, der Rebell, Paul, der Charmante, George, der Stille Philosoph, Ringo, der Spaßmacher – machten aus jedem von ihnen einen eigenständigen Markennamen (noch heute sind die Beatles wohl die einzige Band, bei der jeder alle Mitglieder mit Namen kennt) und doch gehörten sie zusammen, denn sie trugen ja alle die gleichen, oder zumindest sehr ähnliche, Anzüge. Und das war wichtig, denn nur zusammen konnten sie für die nächsten Jahre der größte Moment der populären Musik werden.

Paul McCartneys großer Auftritt als Songwriter

Das Album etablierte John als Bandleader (später übernahm Sergeant Pfeffer). Er singt fast zwei Drittel der Songs und er sang niemals besser. Paul McCartney spielte hier aber keineswegs eine Nebenrolle, lieferte er doch Klassiker wie „And I Love Her“ und „Can’t Buy Me Love“ sowie mit Song drei auf Seite zwei – „Things We Said Today“ – einen der größten Momente der Beatles-Geschichte.

Überhaupt: die zweite Seite. Klar sind die Songs aus dem Film, die sich auf der ersten Seite befinden, grandios, gehen wohl niemandem jemals mehr aus dem Kopf, sind so sehr Teil unseres Popgedächtnisses, wie keine andere Langspielplattenseite: „A Hard Day’s Night“, „I Should Have Known Better“, „If I Fell“, „And I Love Her“ und „Can’t Buy Me Love“. Doch das wahre Wunder sind die sechs in kürzester Zeit hingeworfenen Songs auf Seite zwei. Das Album wirkt wie ein großes Haus. Vorne, im Empfangszimmer spielen sie ihre großen Hits und im Hinterzimmer sind sie ganz bei sich, auf der Höhe ihrer Kunst, jenseits des Trubels und doch im Zentrum der Popwelt. Nachdem Roger McGuinn im Film George Harrisons Rickenbacker-Gitarre sah, kaufte er sich auch so eine, doch wohl erst nachdem er die zweite Seite von „A Hard Day’s Night“ hörte, war ihm klar, dass er die Byrds gründen musste.

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Der erste Song, „Any Time At All“, ist noch ein Bruder des Titelsongs, der das Album eröffnete. Ein unnachahmlicher John, wundervoll begleitet von Pauls kontrastierender zweiter Stimme. Doch die nachfolgenden Songs zeigen, in welche Richtung es in den nächsten Jahren gehen sollte: Country- und Folkeinflüsse durchziehen erstmals den juvenilen Beat. Zunächst das countryeske „I’ll Cry Instead“, dann Pauls Folk-Meisterwerk „Things We Said Today“, das bereits „Yesterday“ vorwegnimmt und Lennon auf den nachfolgenden Alben zu Höchstleistungen wie „I’m A Loser“ oder „You’ve Got To Hide Your Love Away“ anspornen sollte, danach der leicht schräge Harmoniegesang auf “When I Get Home“.

Schließlich noch ein Höhepunkt: Johns forderndes „You Can’t Do That“, auf dem Georges Gitarre klingt, als habe sie viel erlebt in Hamburg auf der Reeperbahn und im Liverpooler Cavern Club, doch sie ist auf der Suche nach neuen Abenteuern. Zwischen Rock’n’Roll und Jingle-Jangle. Noch hat sie keinen Grund, zu weinen. We’ll be back again.

Drei Jahre später schlüpften die Beatles in andere, bunte Anzüge. Das war der Anfang vom Ende.

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