Genital daneben

Der Vulgär-Komiker Jürgen von der Lippe kehrt zur ARD zurück

Vor fünf Jahren wurde Jürgen von der Lippe mal gefragt, wie er sich denn so gefalle als heftig umworbener Samstagabend-Star der ARD, dem das Privatfernsehen andauernd Avancen mache. „Meine Rolle ist die der Ehefrau, die den Zenit ihres Aussehens überschritten hat und mit einem reichen alten Sack zusammen ist; und auf der Straße wird mir häufiger mal nachgeschaut“, hat er damals seinen Status skizziert und sich noch heftig erfreut am Erfolg seiner Samstagabendshow „Geld oder Liebe“. Das war, bevor er den reichen alten Sack, sprich die ARD verließ, um denen nachzugeben, die ihn immer heftiger bedrängten.

Es war ein Seitensprung der klassischen Sorte. Es lockte das Geld, und der reiche alte Sack hatte seine Frau auch nicht durchweg so zuvorkommend behandelt, wie sich eine alternde Dame das so vorstellt. Plötzlich war Jürgen von der Lippe Möchtegern-Star bei Sat.1, doch das Abenteuer in fremder Bettstatt entwickelte sich keineswegs wunschgemäß. Mehrheitlich floppten die Versuche, den neuen Partner bei Laune zu halten. Irgendwie lief weniges so, wie es sollte.

Es kam also alles so, wie es kommen musste. Die Ehefrau, die den Zenit ihres Aussehens überschritten hat, ist zurück beim reichen alten Sack, sprich im Ersten. Am 14. Februar startet Jürgen von der Lippes neue Samstagabendshow „Lippe blöfft“. Auf dem öffentlich-rechtlichen Boulevard wird gefeiert: the return of Hawaiihemd und Hausmeisterbärtchen.

Das Konzept von „Lippe blöfft“ erinnert stark an das überaus erfolgreiche Format „Genial daneben“, mit dem Hugo Egon Balder sinnfrei, aber durchaus belustigend Qualitätspunkte und Quote sammelt. Wo Balder jedoch nur eine absurd klingende Frage der Spekulation der Kandidaten überantwortet, erzählt von der Lippe gleich eine ganze Geschichte. Märchenonkel Jürgen soll sich laut Anstalt damit in direkter Nachfolge von Baron Münchhausen einfinden und will eine beschwingte Raterunde zusätzlich mit erlesenen Musik-Acts anreichern. Damit folgt der Ex-Mann von Margarethe Schreinemakers einer Tradition, die er bei „Geld oder Liebe“ begründet hat. Auch dort präsentierte er oft Neulinge und Außenseiter, was die Plattenfirmen stets um eine Platzierung ihrer Künstler ringen ließ, denn ein Auftritt bei von der Lippe am Samstag garantierte ordentliche Umsätze am Folge-Montag.

Dass der Rückkehrer sicherlich auch wieder einiges von der Zotenbank abheben wird, gilt aals sicher, denn sein Konto dort ist analog zur Leibesfülle des Besitzers beträchtlich ausgestattet. Von der Lippe kann gut erzählen und fühlt sich immer dann in seinem Element, wenn es schlüpfrig wird. Witzig gemeinte Unterleibserkundungen der verbalen Art sind seine Spezialität. Niemand kann Gags besser im wahrsten Wortsinne in die Hose gegen lassen, weshalb kundige Menschen bereits eine weitere Parallele zu Balder ziehen und „Lippe blöfft“ bereits vorab als „Genital daneben“ schmähen.

Dass er in dieser Hinsicht ein verlässlicher Partner ist, bewies bereits sein Antrittsbesuch im WDR-Dritten. Dort ließ er in „Was liest du?“ Bücher nach komischen Stellen durchforsten, und zutage kam natürlich schnell ein Protagonist der sich die Frage stellt, ob er einen in der Kloschüssel vorgefundenen Fremdhaufen aus dem Fenster schleudern soll.

Seine Gäste begrüßte von der Lippe als Menschen, „die mir altem Sack die Stange halten“. Er ist in der Wahl des Niveaus eben ziemlich zuverlässig. Auch wenn sein Auftritt als sauerländisch eingefärbter Old Shatterhand und Erzähler für eine WDR-Hörspielversion von Karl Mays „Winnetou“ an der Seite von Comedians wie Rüdiger Hoffmann, Mike Krüger und Uwe Lyko alias Herbert Knebel weitaus manierlicher geriet. Doch die Unflätigkeiten werden sich wohl fortsetzen, weshalb „Lippe blöfft“ wohl lediglich als Durchgangsstation taugt auf dem Weg zur ultimativen Show des Herrn von der Lippe. Bei dieser werden dann die Talente des Moderators endlich auch dem Titel entsprechen: „Lippe pupst“.

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