Gitarrist Nguyên Lê findet zur Welt der Väter

Wenn ein in Paris geborener Gitarrist, Sohn vietnamesischer Eltern, mit der Fusion-Rockband Ultramarine westindische Einflüsse verarbeitet, als Interpret von Hendrix-Songs für Aufsehen sorgt und bei uns mit der Flamencojazz-Suite „Jazzpana“ bekannt wird und wenn dieser Gitarrist auf seiner vierten CD „Tales Front Viêt-Nam“ traditionelle Lieder aus dem Land seiner Vorfahren in abenteuerliche Arrangements bettet, dann scheint der Fall klar: back to the roots.

Nicht im Falle Nguyên Lê: „Ich spreche gar kein Vietnamesisch, hatte als Kind keine vietnamesischen Freunde. Als ich das Land mit 18 auf einer Urlaubsreise kennenlernte, habe ich mich vor allem als Ausländer gefühlt.“ Den ganz eigenen Weg wollte der Youngster gehen und möglichst wenig mit der Welt seiner Väter zu tun haben.

Heute ist Nguyên Lê einer der begehrtesten Jazzgitarristen, souverän genug, um sich Vietnam „aus weiter Ferne“ zu nähern, aus einer von Jazz sowie Rock geprägten Perspektive. Verzicht auf gewohnte Freiheiten leistete der Gitarrist für die „Tales“ dennoch. Verzicht aus Respekt: „Die Sängerin Huong Thanh und der Instrumentalist Hao Nhien sollten mit den Liedern, die sie ja seit ihrer Jugend kennen, fast so wie gewohnt umgehen können. Meine eigene musikalische Welt kommt erst über die Arrangements so richtig ins Spiel, oft als Dialog mit Traditionellem.“ Ein Experiment, das nicht nur musikalisch erfolgreich endete: „Dieses Projekt hat mein Leben verändert. Früher war das Thema Vietnam für mich vorbelastet, weil mein Vater zu den Köpfen einer prokommunistischen Exilantenszene gehörte, die mir zu stalinistisch war. Jetzt kann ich mich mit dem Land endlich unbefangen beschäftigen.“

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