Goldie – Hamburg, Musikhalle

Jetzt haben sie also auch Goldie gekriegt. Eigentlich gehen bei dem Breakbeat-Visionär Popularität und Radikalität gut zusammen, in der Musikhalle aber gleitete er zu gedrosselten Jungle-Rhythmen ins Kunstgewerbe. Der Auftritt fand im Rahmen des West Port-Jazzfestivals statt, da wollte der Brite was bieten. Seine Band, so verkündete er stolz, habe er extra für diesen Anlaß zusammengestellt Dabei kann der Mann alleine Großes leisten, wie er mit einem brachialen Breakbeat-Intermezzo bewies. Aber das blieb eben nur Zwischenspiel. Immerhin entpuppte sich „Timeless“, ein Moloch aus schlingernden Beats und sphärischen Sounds, am Anfang der Show wieder als sichere Nummer. Die Dancefloor-Suite bekam in der Musikhalle, wo gewöhnlich klassische Kompositionen zur Aufführungen gebracht werden, eine besondere Note.

Ansonsten ließ Goldie auf den Nerven seiner Fans herumtrampeln. Die Gymnastik-Einlagen, mit denen die Sängerin den musikalischen Ausdruck in körperlichen umzusetzen suchte, störten auf Dauer genauso wie die Jazz-Rock-Klischees des Gitarristen. Die Losung der Nacht schien zu lauten: Tanztheater! Fusion! Gniedeldiedeldudelda!

Das ist die Crux von prinzipiell unterstützenswerten Veranstaltungen wie dem West Port: Man engagiert innovative Künstlern, aber bietet ihnen ein Forum, auf dem ihre Kunst in Reinform versagen muß. Die Produktionskosten sind hoch, die Karten teuer. Da will sich der Artist nicht lumpen lassen – „echte“ Instrumente müssen her. Und auf einmal klingt die aufregendste Musik der 90er Jahre wie die langweiligste der 70er Jahre. Fortschritt, verzweifelt gebremst.

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