Vermisstenanzeige: Wer hat „Ekel Alfred“ gesehen?

Choleriker Alfred Tetzlaff (Heinz Schubert) wäre im TV von heute eine Zumutung. Aber eine nötige.

  • Name: Alfred Tetzlaff
  • Spitzname: „Ekel Alfred“
  • Letzte bekannte Aufenthaltsort: Reihenhaus in der 70er-Fernsehserie „Ein Herz und eine Seele“

Beschreibung

Alfred Tetzlaff, besser bekannt als „Ekel Alfred“, ist seit vielen Jahren aus der Öffentlichkeit verschwunden. Er war eine prägnante Figur in der deutschen Fernsehlandschaft der 1970er Jahre und lebte in einem Reihenhaus, das er mit seiner Familie teilte. Alfred war bekannt für seine mürrische Art, sein chauvinistisches Verhalten und seine unverblümte, oft politisch unkorrekte Meinung.

Merkmale

  • Alter: Ungefähr in den 50ern oder 60ern.
  • Aussehen: Kurze, graue Haare, stets einen fiesen Spruch auf den Lippen
  • Kleidung: Meist ein abgenutztes weißes Hemd, Hosenträger, seltener ein Sakko
  • Persönlichkeit: Alfred war berüchtigt für seine reaktionären Ansichten und seine Tendenz, seine Meinung ungefiltert herauszuposaunen. Sein Lieblingsziel war oft seine arme Frau Else.
  • Hinweise: Alfred Tetzlaff wurde zuletzt in den 1970er Jahren gesehen, als die Serie „Ein Herz und eine Seele“ im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Sein Verschwinden bleibt ein Rätsel, und trotz intensiver Nachforschungen und zahlreicher Wiederholungen der Serie wurde er nie wieder gesichtet. Es wird vermutet, dass er in den Wirren der Zeit verschwunden ist und möglicherweise im Laufe der Jahre eine Wandlung durchgemacht hat. Vielleicht ist er im Alter milde geworden.

Falls irgendjemand Informationen über den Verbleib von Alfred Tetzlaff hat oder ihn möglicherweise gesichtet hat, wird dringend gebeten, sich an die örtliche Polizei oder an die Redaktion irgendeines Schmierblattes zu wenden. Seine Familie und die Fans der Serie hoffen darauf, endlich Gewissheit über sein Schicksal zu erhalten.

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Wolfgang Menges derbe Sitcom-Satire „Ein Herz und eine Seele“

Der Schauspieler Heinz Schubert verkörperte in der von 1973 bis 1976 in zwei Staffeln vom WDR produzierten Fernsehserie – vielleicht der einzige gelungene Versuch hierzulande, so etwas wie eine Sitcom auf die Beine zu stellen – den paradigmatischen kleinbürgerlichen Reaktionär westdeutscher Prägung.

Erfunden hatte die Figur und seine schräge Familie der Berliner Fernsehproduzent, Schriftsteller und spätere Talkshow-Revolutionär Wolfgang Menge, der an diesem Mittwoch 100 Jahre alt geworden wäre. Er blickte mit dem zynischen „Millionenspiel“ in die Fernsehzukunft und nahm das Reality-TV vorweg. Er kommentierte später mit „Motzki“ bissig die Wiedervereinigung. Aber hier adaptierte Menge eine britische Comedy-Reihe namens „Till Death Us Do Part“. Das tat er recht akkurat, sogar einige Vornamen der Figuren sind ähnlich. Für das BRD-Publikum war das Format etwas Neues: Ein geiferndes Kammerspiel mit ätzendem Humor, das sich auf die politische Gegenwart stürzte, ohne sie mit kabarettistischer Energie auseinanderzunehmen.

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Viel wurde geschrieben über das subversive Potenzial der Sketche, die für eine jüngere Generation wie aus der Zeit gefallen erscheinen müssen, aber zu ihrer Entstehungszeit als Reibe- und Projektionsfläche für gesellschaftliche Entwicklungen einen Nerv trafen. Trotz ihrer Popularität (noch heute werden die Folgen in den Dritten wiederholt, die Jahresendepisode „Der Silvesterpunsch“ kann locker neben „Dinner For One“ bestehen) rümpften damals Kritiker die Nase. Je nach politischer und ästhetischer Einstellung hatte eigentlich immer irgendjemand irgendetwas auszusetzen. Die einen fanden die Satire zu engstirnig geraten, andere bewerteten den Humor als zu grob und die politischen Anspielungen als zu wenig pointiert. Die Serie begleitete der Vorwurf, sie würde Stereotype eher verfestigen, anstatt sie kritisch zu hinterfragen. Womöglich auch eine arrogante Haltung des Feuilletons, das den Zuschauern absprach, die parodistischen Elemente zu verstehen.

Fakt ist, dass reaktionäre Charaktere zwar nicht aus dem deutschen Fernsehen verschwunden sind. Man denke nur an Hausmeister Krause und Heinz Becker. Doch eine grob geschnitzte Choleriker-Type wie „Ekel Alfred“ hat sich niemand mehr getraut. Albernheit verdrängt Gemeinheit. Das mag man als Fortschritt bewerten. Aber Komödie ist eben keine Spiegelfläche fürs Leben, sondern gelangt mittels Überspitzung zu einem unverstellten Blick auf die Realität. Und Alfred Tetzlaff ging keineswegs als Gewinner aus den zahlreichen Auseinandersetzungen mit seiner Familie und seinen Nachbarn hervor. Oft genug erschien er als verbohrter Spießer, manchmal gar als armes Würstchen. Und jedem viel zu lang gefeierten Sieg in einer Redeschlacht folgte stets eine heimtückische Bestrafung.

Mehr als 50 Jahre nach „Ein Herz und eine Seele“ wäre es also durchaus Zeit für eine Renaissance eines Verblendeten, vielleicht eines mürrischen AfD-Wählers, der seine verkallkten Ansichten einer Sitcom-Überprüfung unterzieht.

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