Hier beginnt der Frühling

ALS DAS DEBÜTALBUM von The Milk Carton Kids erschien („Prologue“, 2011), waren Kenneth Pattengale und Joey Ryan gerade erst eine Band geworden. Eher zufällig hatten die beiden Singer/Songwriter aus Los Angeles gemeinsam zu singen begonnen – und begriffen, dass sie etwas gefunden hatten, nachdem sie lange suchten. „Manchmal kommt es uns so vor, als wäre da ein dritter Mann in unseren Stimmen -er erzählt etwas, das wir gar nicht zum Ausdruck bringen könnten“, sagt Ryan. „Nach acht oder zehn Jahren musikalischer Karriere erlebten wir zum ersten Mal so etwas wie künstlerische Erfüllung.“

Das fiel auch anderen auf: In den zwei Jahren nach der Veröffentlichung des Debüts sowie -noch davor – eines Live-Albums legten sie geschätzte 200.000 Flugmeilen zurück und gaben 200 Konzerte. „Wir kannten uns kaum, waren aber praktisch nie mehr als einen Meter weit voneinander entfernt“, erinnert sich Ryan, der über seine Partnerschaft mit Pattengale in einem fast romantischen Ton spricht. „Am Ende waren wir wie Brüder oder Eheleute.“ Aus dieser Nähe wurde „The Ash &Clay“, das Ryan und Pattengale wieder im Alleingang aufnahmen. Zwei Gitarren, zwei Stimmen -The Milk Carton Kids klingen wie eine Mixtur aus Simon &Garfunkel (die Gesangsharmonien), Gillian Welch &Dave Rawlings (das Gitarrenspiel) und den Everly Brothers (die freundliche Nostalgie) und beschwören also den Geist des klassischen Folk-Duos. „Ich verstehe, dass die Leute das in uns hören“, sagt Ryan, „aber für uns spielt das keine Rolle. Wir laufen nur der Chemie hinterher, die zwischen unseren Stimmen und unseren Gitarren besteht. Sie entscheidet über viele Details in der Musik -das Tempo, die Akkorde, die Melodien.“

Pattengale und Ryan wuchsen in Eagle Rock im Nordosten von Los Angeles auf. Gute Gegend, gutes Elternhaus, gute Voraussetzungen – Pattengale kommt aus einer musikalischen Familie, Ryan wollte eigentlich in die Fußstapfen des Vaters treten (ein Psychologe), warf dann aber das Studium hin. Offenbar sehr zur Freude der Eltern. „Sie kennen mich offenbar besser, als ich mich selbst kenne“, sagt Ryan.

Auch hilfreich für die gute Entwicklung dieser Karriere waren einige prominente Fürsprecher. Zum Beispiel löste Sara Bareilles mit einem Tweet einen Run auf die Band aus. Und Joe Henry ist so begeistert, dass er für beide Alben sehr poetische Vorworte schrieb. „Kenneth hat ihn in einem Coffee Shop kennengelernt“, erzählt Ryan, „Joe ist dann so eine Art Mentor für ihn geworden. Seine Intuition ist unglaublich: Er sieht manchmal Dinge in uns, die wir erst wesentlich später verstehen.“ Ein anderer berühmter Fan ist Gus Van Sant, den Pattengale und Ryan trafen, als sie in Portland eine Show für k.d. lang eröffneten – der Typ, mit dem sich am Buffet schön über die Künste reden ließ, entpuppte sich als der berühmte Regisseur. Am Ende des Abends bot er den beiden eine Zusammenarbeit für den Film „Promised Land“ an. „Zum ersten Mal haben wir den Eindruck, dass ein großer Teil unseres Lebens hinter uns liegt -aber wir haben auch etwas in der Hand, mit dem sich etwas aufbauen lässt.“

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