Ike Turner & Joe Louis Walker

Wenn ein Kiez-Etablissement, das gern mit dem Attribut „legendär“ bedacht wird, weit über 20 Jahre nach seiner ersten Blütezeit um eine neue Chance als Live-Club nachsucht, sollte schon ein Künstler zur Eröffnung aufspielen, der sich ähnliche Meriten erworben hat. Und wenn es nur für ein paar Songs ist, und seien sie partiell auch noch so zweifelhaft, die Meriten.

Ike Turner, von der Boulevardpresse genüßlich als „dämonischer“ bzw. „wilder“ Ex-Gatte annonciert, hat immerhin sogar noch einen Fan-Club (mit dem schönen Namen „I still like Ike“), bringt sich vor der Show sicherheitshalber aber noch mal mit eifrig verteilten Autogrammfotos in Erinnerung. Vor die leibhaftige Niederkunft des Musik-Mephistos hatte die Regie allerdings so manche musikalische Durststrecke gesetzt. So mußte schleierhaft bleiben, warum ein so erstklassiger Blues-Interpret wie Otis Grand extra aus London anreist, um dann doch nur als Instrumentalist unter Wert verkauft zu werden. Während sich Joe Louis Walkers Bosstalkers (Funktion: Begleitband) vorlaut exponieren durften.

Das Konzert begann eigentlich erst, als Walker die Bühne betrat, um sich mit Grand wenigstens noch ein funkensprühendes Slide-Duell zu liefern. Und dann saß er tatsächlich hinterm Piano: Mit „Bye Bye Baby“ nahm Ike Turner zunächst sarkastisch und bestens gelaunt sein „Bad Boy“-Image aufs Korn, um dann im weiteren Verlauf des Abends zu beweisen, daß er nach wie vor einen höchst, sagen wir: idiosynkratischen Gitarrenstil pflegt. Doch der wirkliche Star war Joe Louis Walker: Der Mann von der Westküste konnte wieder mal beweisen, daß wahre Blues-Größe im Understatement liegt. Auch und gerade unter besonderen Umständen. Jörg Feyer

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