Im Inneren von Trumps hektischer, scheiternder Mission, die Epstein-„MAGA-Rebellion“ niederzuschlagen
Trump und seine Regierung sagen den Unterstützern, sie sollen den verurteilten Sexualstraftäter vergessen. Es funktioniert nicht.
Es war eine Höllenwoche, in der Donald Trumps Regierung beinahe zerbrach. Am Ende hatte der Präsident mehr Gegenwind und politischen Schaden durch den Umgang seiner Regierung mit den Jeffrey-Epstein-Akten erlitten als durch die Bombardierung des Iran im vergangenen Monat.
„Die Woche war ein ordentlicher Tritt in die Eier“, merkt ein ranghoher Regierungsbeamter unverblümt an. „Es war viel zu verarbeiten. Und es gab viele Emotionen.“
Ein Ende ist nicht in Sicht. Weil Trumps Unterstützer – von MAGA-Influencern bis hin zu republikanischen Politikern – weiterhin gegen das Memo des Justizministeriums Sturm laufen. Dieses kündigte an, dass die Regierung davon ausgehe, Epstein habe sich im Gefängnis selbst getötet. Und dass der Fall des verurteilten Sexualstraftäters und mutmaßlichen Menschenhändlers damit im Wesentlichen abgeschlossen sei. Das Drama hat offensichtlich an der Geduld des notorisch launischen Präsidenten gezehrt. „Die hören einfach nicht auf, darüber zu labern“, schimpfte Trump laut einer Quelle mit direkter Kenntnis der Angelegenheit privat. Gemeint waren konservative Influencer und Medienfiguren, die über das Epstein-Memo herziehen.
Die Krise nimmt kein Ende
Jeder, der Trumps Basis kannte, hätte das andauernde Chaos vorhersagen können. Dennoch hat es Trump geschafft, sich mit seiner scheinbar improvisierten Krisenbewältigung in ein Worst-Case-Szenario zu manövrieren. Eines, in dem seine Versuche, das Feuer zu löschen, die Situation nur verschlimmert haben.
Trump hat mittlerweile wiederholt versucht, die Epstein-Akten als „langweilig“ abzutun. Er behauptet, sie seien von Demokraten „erfunden“ worden. In einem wilden Wutanfall auf Truth Social am Mittwoch griff er sogar seine eigenen Unterstützer dafür an, dass sie sich dafür interessieren.
„Ihr neuer BETRUG ist das, was wir für immer den Jeffrey-Epstein-Schwindel nennen werden. Und meine FRÜHEREN Unterstützer sind auf diesen ‚Schwachsinn‘ hereingefallen. Mit Haut und Haar“, schrieb der Präsident im Rahmen einer langen Tirade auf Truth Social. „Sie haben ihre Lektion nicht gelernt. Und werden es wahrscheinlich nie tun. Selbst nach acht langen Jahren, in denen sie von der Irren Linken betrogen wurden.“
Interner Aufruhr und gescheiterte Schadensbegrenzung
Er fuhr fort, die „dummen“ und „törichten“ Republikaner zu beschimpfen, die auf den Epstein-„Schwindel“ hereingefallen seien, während er später am Mittwochvormittag im Oval Office mit Reportern sprach. Während eines Treffens mit dem Staatsoberhaupt von Bahrain.
Die obersten Ebenen der Trump-Regierung haben beträchtliche Zeit und Ressourcen aufgewendet, um den Schaden durch das Memo des Justizministeriums und des FBI zu begrenzen. Dessen Inhalt widerspricht den verbreiteten Verschwörungstheorien der Rechten. Die behaupten seit Langem, Trumps ehemaliger Freund Epstein sei ermordet worden, um die Sexualverbrechen der Demokratischen Partei und liberalen Eliten zu vertuschen. (Epstein wurde 2019 während Trumps erster Amtszeit tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden.)
Trump persönlich hatt versprochen, Epsteins Kundenliste zu veröffentlichen. Anfang des Jahres hatte die Regierung MAGA-Influencer ins Weiße Haus eingeladen, um ihnen einen Bericht der „Epstein Files Phase One“ zu übergeben. Eine PR-Aktion, die nach hinten losging, weil sie keine neuen Informationen enthielt.
Die auffällige Kehrtwende der Regierung in Sachen Epstein hat nicht nur seine Basis verärgert. Sondern auch innerhalb der Trump-Administration Chaos ausgelöst und alte Spannungen zwischen den ranghöchsten Mitarbeitern der Strafverfolgungsbehörden neu entfacht. Dan Bongino, stellvertretender FBI-Direktor und ehemaliger Epstein-Fanatiker, drohte wegen des Memos mit Rücktritt. Er erschien am Freitag aus Protest nicht zur Arbeit.
Zank in höchsten Regierungskreisen
Ranghohe Trump-Mitarbeiter mussten aktiv werden, um das Verhältnis zwischen Justizministerin Pam Bondi und den beiden FBI-Führungskräften Kash Patel und seinem Stellvertreter Bongino zu kitten. Beide waren über Bondis Umgang mit den Epstein-Ermittlungen verärgert. Trump und Vizepräsident J.D. Vance schalteten sich persönlich in die Schlichtungsversuche ein. Doch Bongino hielt weiter an seiner Rücktrittsdrohung fest. Am Mittwoch war er zwar offiziell noch im Amt. Doch laut zahlreichen Quellen im und nahe am Weißen Haus hat er mit seinem – wie es ein Trump-naher Vertrauter wenig schmeichelhaft nennt – „kindischen Wutanfall“ viel Ansehen eingebüßt.
Am Montag, nachdem bekannt wurde, dass Bongino diese Woche wieder zur Arbeit erschienen war, schickte ein weiterer ranghoher Regierungsbeamter ROLLING STONE einen YouTube-Link zu einer Szene aus „Seinfeld“, in der George Costanza wütend kündigt, dann feststellt, dass er keine Perspektiven hat. Und einfach wieder ins Büro zurückkehrt, als wäre nichts gewesen.
Währenddessen arbeiteten Trump und seine Vertrauten daran, wie es ein Mitarbeiter des Weißen Hauses beschreibt, „diese MAGA-Rebellion niederzuschlagen“, die sich im konservativen Spektrum ausbreitet. Regierungsmitarbeiter beobachteten die überwiegend negativen Reaktionen rechter Verbündeter und Influencer genau und erstellten Listen im Divide-and-Conquer-Stil, aus denen hervorging, welcher Trump-Mitarbeiter welchen Epstein-Verschwörungstheoretiker kontaktieren sollte, um ihn zum Einlenken zu bewegen.
Der Versuch zur Schadensbegrenzung zog sich so lange hin, dass Trump selbst eingriff. Er versuchte, per Telefonat einige seiner treuesten Anhänger davon zu überzeugen, die Epstein-Thematik ruhen zu lassen. Die Kampagne auf höchster Ebene ähnelte fast der Art von sensiblen Operationen, die normalerweise großen Gesetzesinitiativen vorbehalten sind.
Fox-News-Folgsamkeit und interne Ratlosigkeit
Zu Beginn dieser Woche schien Trumps bevorzugter Nachrichtensender Fox News die Botschaft verstanden zu haben. „Die Leute hier wissen, dass es andere Themen zu berichten gibt“, sagt ein Insider des Senders. „Es besteht die implizite Drohung, dass man den Zugang verlieren oder keine Rückrufe mehr erhalten könnte, wenn man das Epstein-Thema zu aggressiv angeht.“
Die Regierungsbeamten kämpfen weiterhin damit, wie man die Auswirkungen besser eindämmen kann. Laut regierungsnahen Quellen gibt es interne Debatten über das weitere Vorgehen. Ob das Justizministerium z. B. den Forderungen rechter Trump-Verbündeter wie Laura Loomer nachkommen und einen Sonderermittler einsetzen sollte. Ob bestimmte Abschnitte bereits veröffentlichter Dokumente geschwärzt oder freigegeben werden sollten. Oder ob man etwas völlig anderes tun sollte.
„Es ist ein Desaster. Niemand scheint zu wissen, ob der nächste Versuch, sich mit der Basis zu versöhnen, die Sache nur noch schlimmer macht“, sagt ein über die Situation informierter republikanischer Stratege.
Doch in einem Punkt sind sich viele Trump-Berater einig. Der Präsident tut sich selbst mit seiner persönlichen Kommunikationsoffensive keinen Gefallen.
Am Wochenende, nachdem Trump seine inzwischen wiederholte Behauptung aufstellte, die Epstein-Akten seien von „Obama, der betrügerischen Hillary“ und anderen Feinden verfasst worden und sollten daher für seine Basis keine Relevanz haben, räumte ein Regierungsbeamter ein: „Er macht es selbst seinen treuesten Unterstützern schwer, nicht zu denken, dass er wirklich in den Epstein-Akten steht.“
Rechte Stimmen murren weiter
Die rechtsextreme Prominenz zeigte sich von Trumps „Epstein-Jiu-Jitsu“ wenig beeindruckt. „Barack Obama hat die Epstein-Akten geschrieben? LOL. Das ist einfach nur peinlich“, schrieb Candace Owens auf X. Die ehemalige Daily-Wire-Korrespondentin äußerte sich auch in ihrem Podcast: „Der Epstein-Skandal ist definitiv ein tödlicher Krebs für die MAGA-Bewegung“, sagte sie. Und fügte hinzu: „Man kann einfach niemanden dazu bringen, den Epstein-Skandal zu vergessen.“
Doch die Trump-Regierung versucht es jedenfalls. Der Präsident soll am Wochenende angeblich einige der MAGA-Influencer angerufen haben, die Bondis Umgang mit dem Fall kritisierten – darunter Charlie Kirk von Turning Point USA. Kirk lenkte am Montag offenbar ein. „Ehrlich gesagt, ich bin fürs Erste mit Epstein durch“, sagte er in seinem Podcast. „Ich werde meinen Freunden in der Regierung vertrauen, dass sie tun, was nötig ist, das liegt jetzt bei ihnen.“
Auch Benny Johnson, der wie Owens ungläubig auf Trumps Behauptung reagiert hatte, Obama sei verantwortlich für die Epstein-Akten, meldete sich Montag zu Wort: Er habe „gerade mit einem hochrangigen Ermittler“ telefoniert und könne berichten, dass die Regierung „die Stimme des Volkes gehört“ habe – man solle „mit weiteren Enthüllungen rechnen“.
Dinesh D’Souza – der rechte Filmemacher und Trump-Verbündete hinter 2000 Mules, einer Doku über die Verschwörungstheorie einer gefälschten Wahl 2020 – argumentierte diese Woche in seinem Podcast, dass es „trotz offener Fragen zu Epstein nun Zeit sei, weiterzugehen“.
Owens könnte mit ihrer Einschätzung zur Langlebigkeit des Skandals jedoch recht behalten. Zahlreiche MAGA-Influencer – von Loomer über Megyn Kelly bis hin zu Dilbert-Schöpfer Scott Adams – sind nach wie vor empört über das Memo. General Michael Flynn, eine Schlüsselfigur der MAGA-Verschwörungsbewegung, veröffentlichte am Mittwoch eine ausführliche Bitte an Trump, das Thema ernst zu nehmen. Sogar Charlie Kirk forderte am Dienstag – einen Tag nach seiner Pause vom Thema – mehr Engagement: „Wir machen nicht weiter.“
Demokraten schlagen Kapital aus dem Chaos
Auch die Republikaner im Kongress machen nicht weiter. Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson (R-La.) sagte Benny Johnson am Dienstag, er sei „für Transparenz“, unterstütze eine Aussage von Epsteins Komplizin Ghislaine Maxwell vor dem Kongress und forderte: „Pam Bondi muss sich erklären.“
Abgeordneter Tim Burchett (R-Tenn.) sagte unterdessen Reportern, er „vertraue“ den Aussagen des Justizministeriums zu Epstein nicht. Abgeordnete Marjorie Taylor Greene (R-Ga.), eine der bekanntesten Verschwörungstheoretikerinnen im Kongress, sagte der New York Times, das DOJ-Memo sei „eine vollständige Kehrtwende zu allem, was vorher gesagt wurde – und die Menschen sind einfach nicht bereit, das zu akzeptieren“.
Die Demokraten nutzen das Epstein-Chaos derweil für ihre Zwecke. Abgeordneter Ro Khanna (D-Calif.) brachte diese Woche eine Änderung am GENIUS Act – einem Gesetzentwurf zur Krypto-Regulierung – ein, die die Veröffentlichung der Epstein-Akten erzwingen sollte.
Die Republikaner lehnten sie ab.
Das hinderte den rechten Flügel jedoch nicht daran, weiterhin zu glauben, dass Trump und seine Bundesbeamten etwas zu verbergen hätten und ihren Chef schützen wollten.
„Wir suchen immer nach Angriffspunkten, und im Moment tut Trump sich selbst weh“, sagt Pat Dennis, Präsident der demokratischen Recherchegruppe American Bridge 21st Century. „Etwas, das wir jetzt gezielt nutzen, ist die Botschaft: Wenn Donald Trump nicht hinter dir steht – bei einem Thema, das so lange Teil der MAGA- und GOP-Legende war – worin steht er dann sonst nicht hinter dir? In Sachen Medicaid? Soziale Sicherheit? Wirtschaft? Öffentliche Sicherheit? Das ist ein starkes Angriffsfeld – und er hat es selbst geschaffen.“
Trumps nächste Schritte ungewiss
Bei American Bridge gibt es seit Langem eine Akte zur „Akte“. Dennis ergänzt, dass bereits während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 – auch bei den Teams von Jeb Bush und Marco Rubio – begonnen wurde, Trumps Verbindungen zu Epstein zu recherchieren.
Er sagt: „Das ist seit Jahren ein Thema von Interesse, und wir haben bei American Bridge einige Recherchen, die wir gern teilen, um die Leute zu erinnern und informiert zu halten.“ Laut Dennis habe man in der vergangenen Woche entsprechende Botschaften „mit einer Reihe von Verbündeten“ geteilt, sowohl „im progressiven Lager“ als auch darüber hinaus.
Wie Trump und seine Regierung nun weiter vorgehen, ist unklar – der Skandal scheint derzeit nicht abzuflauen. Der Präsident schob am Dienstag die Verantwortung an Bondi ab: „Sie hat das sehr gut gehandhabt, und es liegt jetzt an ihr“, sagte er über die Justizministerin. „Was sie für glaubwürdig hält, sollte sie veröffentlichen.“
Bondi wurde später am Dienstag zu Trumps Aussage befragt, sie solle veröffentlichen, was glaubwürdig sei. Ihre Antwort: „Unser Memo spricht für sich. Ich habe heute nicht alle seine Aussagen gesehen.“