Jahrelang buk Inga Rumpf, einst die erste Stimme im deutschen Rock, kleine Brötchen. Jetzt kehrt sie mit einer großen LP zurück

Nein, missionieren will uns Inga mitnichten, obwohl sie ihr neues Album „Walking In The Light“ auf einer ausgiebigen Tournee ausschließlich in Kirchen präsentieren wird. Aber bekehrt haben dürfte Inga hernach garantiert eine stattliche Schar von Novizen, denen die Stimme buchstäblich unter die Haut gefahren ist und dort unauslöschliche Glücksgefühle hinterlassen hat. Jenen ist die Erleuchtung zuteil geworden, dass zwischen Singen und Singen Welten liegen können; Welten wie zwischen einem Blümchen und einer Inga Rumpf.

Dass eine junge Redaktionsassistentin, die zufällig zwei, drei Songs des Albums gehört hat, ernsthaft fragt, ob das Aretha Franklin oder Etta James sei, dann die Antwort „Nein, die Dame ist aus Hamburg!“ mit ungläubigem Erstaunen quittiert, sollte obige Behauptung mehr als nur stützen.

Wie gerne würde man jetzt angesichts eines Albums, auf dem Reggae, HipHop, Pop oder R&B in einem modernen Sound-Gewand nahtlos zu einander finden und dem Ingas einzigartiges Organ die definitive Dosis Seele injiziert, in ungeteilte Jubelarien verfallen, wäre da nicht Frau Rumpf- hie die einzige deutsche Rock-, Soul- und Gospel-Sängerin von Weltklasseniveau, dort die enigmatische Künstlerin, die mit sicherem Schritt haarscharf an jeder sich bietenden internationalen Erfolgschance vorbeilatscht und lieber daheim kleine Brötchen backt.

„Ich hab in den letzten Jahren ja nur bei den Indies veröffentlicht, denn zu den Majors hab ich mich erst gar nicht getraut; schließlich bin ich ja längst zwischen gut und böse, oder?“ Ist das Kokotterie? Will Frau Rumpf das Gegenteil hören? Nein, irgend etwas zwingt sie mal wieder dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen. Was natürlich die Frage evoziert: warum, Inga, warum? Als du ’71 die Frontfrau von Frumpy warst, da wurde deine Band zur besten deutschen Rockgruppe gekürt, und die „FAZ“ gar nannte dich „…das größte Individualtalent der deutschen Rockszene“. Ein Jahr später, du hattest Atlantis aus der Taufe gehoben, jubelte das sicher nicht als unkritisch geltende „Zeit-Magazin“ über dich: „Ein neuer Superstar“. Andere hätten sich das in Großbuchstaben auf die Stirn tätowieren lassen, aber du kriegtest es sogar gebacken, aus der schmeichelhaften Offerte der Herren Robert Palmer und Chris Blackwell (Island-Chef), den Titeln Deines ’86er-Albums „Two Is One“ in den Compass Point Studios auf den Bahamas neuen Glanz geben zu dürfen, kein Kapital zu schlagen. Keith Richards und Ronnie Wood spielten damals einfach nicht deinen Vorstellungen gemäß.

O. K., Inga, genug geunkt, Hamburger Kapitänstöchter haben halt besonders dicke Querköpfe. Aber was hat dich von den Indies zurück in die Arme eines Majors gelockt; mit allen Begleiterscheinungen wie Promo-Reisen, Foto-Sessions etc.?

„Zweierlei: Seit ’92 arbeitete ich ja mehrspurig; im Duo mit dem Pianisten Joja Wendt, als Stimme von Alex Contis Band Rockship, als Mitglied der NDR-Big-Band und als Gospel-Interpretin. Da kommst du leicht auf über 100 Konzerte pro Jahr, und wenn du die alle selbst koordinieren musst, dann kommt irgendwann der Punkt, wo du dich fragst: Bin ich Sängerin oder Büroangestellte?‘ Doch dann bekam ich diese Einladung nach Hannover; ich sollte für den Kirchen-Pavillon bei der ‚Expo 2000′ musikalisch etwas zu dem Thema ,Glaube, Liebe, Hoffnung‘ erarbeiten. Davon erfuhr zufällig ein netter Mensch einer Veranstaltungs- und Management-Firma, die u. a. für den Komiker Rüdiger Hoffmann arbeitet Und jener nette Mensch, er hatte mich im Frühjahr mal bei einem Konzert in Hamburg erlebt, war nun von mir und von dem ‚Expo‘-Projekt derart angetan, dass er Hoffmanns Plattenfirma mit großen Augen und völlig euphorisch davon überzeugte: Hier muss unbedingt was geschehen! – O. K., jetzt haben wir die Platte, und keiner weiß, wie das eigentlich zustande kam.“

Mal wieder typisch Inga. Da schneit ihr später und mehr als verdienter Erfolg ins Haus, und sie fragt sich wieso, weshalb, warum. – Gut zu wissen, dass sie wenigstens ihre anfänglichen Schwellenängste vor Kirchen überwunden hat „Seit ich ’92 am Heiligen Abend mal in einer Kirche aufgetreten bin, liebe ich Gotteshäuser. Die haben eine geile Akustik und sind allein von daher nicht dazu gedacht, still zu sein. Wenn dann das Publikum so wie ich seine Schwellenangst verliert, dann zelebriert man gemeinsam etwas, dann erfährt man echte Ekstase.“

Halleluja, Inga, walk in the light!

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