„Jahresrückblick 2003 – April: „Things I Miss The Most“

Bisher glaubten wir, es seien die Berge von Kokain, die Walter Becker und Donald Fagen am meisten vermissen. Als STEELY DAN hatten sie damals großen Schlag bei Frauen, denn viele glaubten, das Duo hätte „Hotel California“ komponiert. Tatsächlich war es „Rikki Don’t Lose That Number“, aber Kalifornien stimmt, und auschecken konnten sie zwar 1980, aber verlassen ging trotzdem nicht.

„Everyihing Must Go „ist natürlich wieder ein bisschen zu slick und schlüpfrig, zu stromlinienförmig und schnell, um eine echte Lieblingsplatte sein zu können. Bei aller Geistesgegenwart und Erfahrung gelingt es den beiden Männern seltener als früher, einen Song mit Herz zu schreiben. Vielleicht, weil es bei ihnen eher um Konsum und Luxus geht als um die große Liebe, eher ums Gefühl für den richtigen Groove als um die Leidenschaft für eine Frau. Nachdem die alternden Schwerenöter schon auf “ Two Against Nature“ jungen Dingern nachgestellt hatten und sogar die Cousine bedrängten, geht es diesmal um „Pixeleen“, „Lunch With Gina“ und andere Begegnungen der erotischen Art. Die Figuren von Steely Dan gehören allerdings nicht zu den Gewinnern des Börsen-Booms, der Crash hat sie in existenzielle Krisen gestürzt: In „The Last Mall“ wird ein letztes Mal shoppen gegangen, und bei „Everything Must Go“, am Ende der Platte, geht es sowohl um den Schlussverkauf, das „Alles muss raus“, als auch um den Abschied im seelischen wie biologischen Sinn.

In „Things I Miss The Most“ singt Fagen aber melancholisch überein paar letzte Dinge, die es für ihn nicht mehr gibt: „The house on the Gulf Coast/The Audi TT/ These are the things I miss the most.“ Es klingt nicht wie Ironie, das klingt wie echter Schmerz.

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