Joe Jackson – „I’m The Man“

Die Plattenrezension hätte damals so beginnen müssen: "Seine Formulierungen sind so spitz wie seine Schuhe..." Tatsächlich handelte "Look Sharp!", Joe Jacksons Debüt, eher davon, dass es nicht hinhaut mit den Mädchen, dass sie immer mit den anderen Kerlen gehen, dass die Zeitungen lügen und dass Joe verdammt viel Zeit hat, um über sein Leben nachzudenken. Kein bisschen war er der lässige Draufgänger, den er so großmäulig spielte, und "Is She Really Going Out With Him?" war zwar sein wahrhaftigster Song, doch ging es ihm kaum um das Mädchen, schon eher um den Burschen. Joe war kein Punk, alles war Pose, aber damals war es auch egal.

„I’m The Man“, das im selben Jahr erschien, trieb Hass, Gift und Sentimentalität noch weiter – und zwar durchaus dorthin, wo es wehtut. In „On Your Radio“ verhöhnt er die alten, blöden Schulkameraden, die ihm nun nicht mehr nahe kommen konnten (und sicher The Police hörten), die Mundharmonika peitscht den Song voran. „I’m The Man“ ist der größte Witz der Platte: In waghalsigem Tempo schrubbt die Band, Joes Stimme überschlägt sich fast, so sehr muss er sich selbst feiern. Aber Jacksons Hang zur Ballade, bald mit „Steppin‘ Out“ überall zu hören, deutet sich hier auch schon an: „Amateur Hour“, ein Stück schreienden Weltschmerzes, wie er es später nicht besser artikulieren konnte. „It’s Different For Girls“, eine erstaunliche Übung in Empathie. Und „The Band Wore Blue Shirts“, das ich seit den Tagen der Pubertät als ein Stück in Erinnerung habe, das melancholisch davon erzählt, wie die Musik immer weiterspielt, während die Band blaue Hemden trug. Oder so.

Am Ende zwei brutale Brecher, die den Beat der Joe Jackson Band wie die Topoi der Popmusik auf den Punkt bringen: „Get That Girl“ – hätten die frühen Beatles nicht besser machen können. Und „Friday“, die unvermeidliche Arbeitmehmer-Hymne, die wie Springsteens „Night“ alle Versprechen bereit hält. Nur dass Joe wahrscheinlich am Freitag wieder mit einem alten Feind abrechnen wollte. Oder ihm das Geld zurückgeben musste. Oder auf die Fresse bekam.

Die drei Musiker heißen übrigens Graham Maby (Bass), Dave Houghton (Schlagzeug) und Gary Sanford (Gitarre).Mit ihnen nahm Joe Jackson noch „Beat Crazy“ auf, dann begann eine Weltreise und Wirrfahrt, die mehr als zwei Jahrzehnte dauerte.

Jetzt ist sie vorbei. Im nächsten Jahr erscheint „Volume IV“ von der Joe Jackson Band. Joe kehrt heim.

A&R. 1979

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