Kampf den Zeitgeist-Girlies: Polit-Punk von Team Dresch und Bikini Kill

Große Girlie-Stunden, wir erinnern uns? Natürlich, die frechen Mädchen, die sich alles erlauben und sogar Rock’n’Roll machen. Das Gerede und Geschreibe über die Riot-Grrrls in Amerika treibt bei uns seltsame Blüten. Die Medien verfallen in den Girl-Wahn und bieten trotzige Gören im attraktiven Hochglanzformat Sind die Aktivistinnen der tatsächlichen Szene dann aber aufToun findet man in der Presse kein Wort darüber.

Bikini Kill und Team Dresch bieten keine verkaufbare Girlie-Asthetik, sondern kruden Punk-Rock mit klarer Message: Diesmal ohne euch, Jungs! Trotz minimaler Ankündigung und ohne starke Plattenfirma im Rücken wurden ihre Konzerte zur kleinen Sensation des Frühjahrs. Zeitgeist-Redakteure wurden selten gesichtet Wozu auch?

Während man Bikini Kill zumindest als tatkräftige Riot-Grrrls-Band gespeichert hat – zu ihrer Bekanntheit haben auch diverse Ausbrüche von Courtney Love verholfen – waren Team Dresch höchstens in der autonomen Gay-Lesbian-Szenerie ein Begriff. Für ihren rüden, raschen Gitarrentrash, verpackt in schnelle, klare Songs, können sich allerdings viele begeistern. Ihre Musik überzeugt durch Gradlinigkeit, Frische, revoltierendes Grundgefühl und absolute street credibility. Längst ist „Personal Best“ zum Import-Seller avanciert – ein cooles Album spricht sich schnell herum in der Szene.

In Amerika bemühte man sich bisher vergeblich, die vier lauten Frauen für einen Major-Deal zu gewinnen. Aber Business as usual ist nicht die Sache von Team Dresch. Man sieht sich eher in einer außergesellschaftlichen Opposition als im nur geldorientierten Musikgeschäft. Offen lesbisch, ihren Platz behauptend, ihre Musik laut. Sexismen jeglicher Art wird der Kampf angesagt, auch in der eigenen Szene. Die Körperpolitik spielt bei beiden Bands im Auftreten eine große Rolle: agitatorisch bis gewollt provozierend durch Sängerin Kathleen Hanna, die im kurzen Shirt und voll körperlicher Anspannung ihre Wut herausbrüllt. Über sexuellen Mißbrauch, über frauenfeindliche Strukturen, über Machtverhältnisse und über Liebe. – Auch das.

Team Dresch hingegen feiern ihren Spaß für sich selbst ab. Wer sich darauf einläßt, kann einen phantastischen Abend erleben. Geballte Energie und spielwütige Konzertlaune stürzen in den Raum. Zuwenig Frauen kämen zu den Konzerten, mokiert sich Donna Dresch, und besonders in Europa scheinen die Konzeitgänger mehr als irritiert „Hallo, wo sind hier die Lesben im Publikum?“ ist mit Sicherheit nicht gerade der gängige Tenor bei Punk-Konzerten. Jody, die schlaksige Team-Sängerin, richtet gern Fragen ans Publikum. An ihrer Seite die zweite Gitarristin und Sängerin Kaia mit zart aufgemaltem Kringelschnurrbart. Nicht zu vergessen die gitarrenwütige Donna Dresch und Drummerin Melissa. Nervende Störer und „Fuck You“-Rufer werden im Extremfall kurzerhand hinausbefördert, während gute Abende zu wilden Tanz-Parties für beiderlei Geschlecht werden. „Wenn wir in einem Club fünf Tage hintereinander spielen würden, dann hätten wir sicher unser richtiges Publikum. Aber wer will denn schon eine Woche lang nur Songs über Frauen und Katzen hören?“, meint Donna Dresch lachend.

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