Kettcar – München, Backstage

Die Hamburger Kettcar versetzten - zu ihrem eigenen Erstaunen - auch ihre bayrischen Hörer in größte Euphorie

Vor der Halle: Verwirrung. Ausverkauft! „Aber vor ein paar Jahren haben die doch noch…“ – „Sind die jetzt echt in den Charts?“ „Kraß, wie die auf einmal abgehen…“ Und, mein Favorit: „Der Sänger von Mando Diao ist natürlich hübscher, aber…“ Später wird Marcus Wiebusch, der also nicht ganz so hübsche Sänger von Kettcar, auf der Bühne eine Geschichte von Thees Uhlmann erzählen. Der berichtete einer nicht so gut informierten Frau von seinen Freunden, von Berichten in „FAS“ und „Tagesthemen“. Worauf die Frau angeblich sagte: „Ach, die Häßlichen vom .Visions‘-Cover?“ Wiebusch nennt seine Band jetzt „die Quasimodo des Indie-Rock“.

Aber wie egal. Selbst die schönsten Sänger können nur selten solche Euphorie erzeugen. Vom ersten Satz an singen sie alle mit, die kleinen Mädchen und die etwas größeren Jungs, und sie hüpfen unermüdlich und – unfaßbar – sie stagediven sogar. Zu Kettcar! Dieser Überschwang scheint der Band fast unheimlich zu sein, sie kontern mit ein paar kritischen Bemerkungen zu München. Und dann spielen sie eben doch diese Lieder, bei denen keiner außen vor bleibt, die jeden mitnehmen. Sie spielen fast alle Lieder vom Debüt und vom neuen Album, nur ausgerechnet das wunderbare „Die Wahrheit ist, man hat uns nichts getan“ nicht. Ist mir aber auch erst später aufgefallen, zwischen „Deiche“ und „Einer“, „Ausgetrunken“ und „Landungsbrücken raus“ merkt man nicht mehr viel. Manchmal rumpelt es ein bißchen, manchmal rockt es mehr als auf den Platten, aber im Grunde ist es so: Die Musik ist sehr in Ordnung, aber vor allem dazu da, die Texte zu tragen. Jedes Wort wird so begierig aufgesogen, daß Wiebusch nur den Kopf schütteln kann: „Ein Kirchentag ist ein Dreck dagegen!“

Bei „Nacht“ bittet er schließlich sogar darum, ausnahmsweise nicht mitzusingen – „wenn ihr unsere Freunde seid“. Waren sie natürlich alle. Aber bei der akustischen Version von „Balu“ wollten sie wieder dabei sein, „in dem Gefühl, wir wären eins“. Am nächsten Tag wurde der Papst aufgebahrt, nur da sah man noch bewegtere Gesichter.

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