Küsse unter Freunden

Nur Menschen mit den größten Namen und besten Beziehungen haben es auf die Oscar-Partys der "Vanity Fair" geschafft. Und Larry Fink. Der Fotograf hat dort zehn Jahre lang exklusiv seine Schnappschüsse gemacht. Zur Oscar-Verleihung 2011 zeigen wir die schönsten davon.

Mit Truckern und Bauern unterhalte ich mich lieber als mit Hollywoodstars. Natürlich war mein Job als Oscar-Partyfotograf trotzdem ein Traum. Zehn Jahre lang, von 2000 bis 2009, durfte ich offiziell und exklusiv die Award-Partys der „Vanity Fair“ dokumentieren. Wie gesagt, ein Traum: Ich hatte einen Zugang wie kein Zweiter, und ich half „Vanity Fair“ dabei, die schöne, große Illusion zu verkaufen. Trotzdem versuchte ich, im Partyvolk niemals das Staraufgebot zu sehen. Sondern eine Menge von Menschen, die sich für einen Abend unfassbar schick gemacht haben. Manchmal geradezu lächerlich schick.

Schon mit zwölf Jahren war ich von der Kamera besessen. Ich wollte das Fotografieren benutzen, um die andere Seite der Dinge zu zeigen – wenn sie so wollen: um die Welt zu verändern. Politisch links war ich schon früh, Kommunist sagte man damals. Ich dachte mir: Larry, wenn die Revolution demnächst kommt, dann wirst du sie mit deinen Bildern unterstützen! Ich hing mit den Black Panthers ab, schaute mir Malcolm X an. Eine Kunstbetriebsprostituierte wie Andy Warhol wollte ich nie werden.

Und ich bin immer derselbe Typ – egal, ob ich im Smoking auf einer Hollywood-Party stehe oder in dreckigen Klamotten auf meiner Farm in Pennsylvania. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich liebe es, nach Hollywood zu kommen. Aber ich freue mich mindestens genau so sehr, wenn ich wieder von dort wegfahren kann. Wenn ich fest dort geblieben wäre, hätte ich sicher mehr aus meiner Karriere machen können. Ich würde jetzt mit einer Piña Colada am Pool stehen und in die Sonne schauen. Stattdessen haue ich vom Traktor aus Eisschollen kaputt. Auch gut.

Natürlich waren es grandiose Zeiten, damals bei den „Vanity Fair“-Partys. Ich konnte meine Frau und meine Assistenten mitbringen, wir wohnten im Beverly Hills Hotel, hingen die ganze Oscar-Woche über am Pool ab. Für gute Fotos ist es ohnehin gut, sich selbst nicht als kleines Würstchen neben all den Berühmtheiten zu empfinden. So kann man das Zerbrechliche, die Feinheiten in den Leuten viel besser erkennen.

Ich sehe mich als Humanisten, der die Umtriebe von außen beobachtet, der sich nicht ablenken lässt vom Glanz der Namen, Gesichter und Halsketten. Die Typen, die ich wirklich verehre, sind längst tot. John Wayne und Humphrey Bogart. Oder John Coltrane, den ich für mein Buch „Somewhere There Is Music“ fotografierte. Ich war leichenblass vor Aufregung. Die Jazz-Typen waren meine Idole.

Wie ich meine besten Fotos bekommen habe? Erstens: Ich habe mich bei niemandem eingeschmeichelt. Zweitens: Ich habe nie um Erlaubnis gefragt. Ich war immer nur höflich, habe mich nie um ein Foto geprügelt oder mich auf einen Streit eingelassen. So kamen die besten Momente zustande: mit einer gewissen Distanz, aber ohne Aggression. Oder Ablehnung. Oder Provokation.

Mit der aktuellen Celebrity-Kultur komme ich überhaupt nicht zurecht. Ich schaue niemals auf TMZ.com, ich twittere mich nicht durch den Tag. Ich höre stattdessen Beethoven. Oder Bach. Oder Mozart. Ich habe allerdings nichts gegen Paparazzi. Sie arbeiten hart, und dafür bewundere ich jeden von ihnen. Nur für mich wäre das nichts.

Mein Lieblingsmoment auf allen Oscar-Partys war, wenn ich vorher alleine an meinem Tisch saß, mit Sandwich und Salat, während die anderen bei ihrem großartigen Dinner hockten. Ein herrlicher Moment der Besinnung, der Konzentration. Die Ruhe vor dem Sturm. Kurz bevor das Theaterstück „Party“ losbrach. aufgezeichnet von anne philippi

The Vanities – Hollywood Parties 2000-2009 heißt das Buch mit Larry Finks Fotos, das zur Oscar-Verleihung 2011 bei Schirmer/Mosel erscheint (120 Seiten, 49,80 Euro). Noch mit dabei: Lindsay Lohan, Tom Ford, Jay-Z, Kate Winslet und viele andere.

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