kurts definitives dutzend: Bei LAMBCHOP kann es auf der Bühne auch mal ganz leise werden. Die Amerikaner schätzen Zurückhaltung

Vic Chesnutt fühlte sich bei einem der wenigen gemeinsamen Auftritte nicht recht wohl auf der Bühne mit Lambchop. „So viele Leute, mein Gott“, sagte er leise und lächelte seinen Freund Kurt Wagner an. Der lächelte zurück, allerdings ohne rechtes Verständnis. Er ist das ja gewohnt: ein rundes Dutzend Leute auf einer Bühne, und er selbst mittendrin. „Ich habe mich noch nie eingeschränkt gefühlt von der Band – nicht mal in meiner rein physikalischen Bewegungsfreiheit. Und musikalisch schon gar nicht.“

Man hört es auf dem aktuellen Album „Is A Woman „. Wer es bei so vielen Mitmusikern schafft, so reduziert zu klingen, der hat offensichtlich keine Schranken im Kopf. Wagner stapelt wie immer tief: „Ich wollte mal sehen, was passiert, wenn man nicht nur Sounds produziert, sondern auch wieder welche wegnimmt. Es ist viel leichter, voll loszulegen, als sich zurückzunehmen.“ Dabei kennt sich Wagner mit Zurückhaltung bestens aus. Jahrelang wollte er seinen „normalen“ Job als Fußbodenverleger um keinen Preis aufgeben, um nicht abhängig vom Erfolg Lambchops zu werden. Vor einigen Monaten überlegt er es sich dann doch anders. Man wird halt nicht jünger, und mit der Zeit wurde ihm—und vor allem seinem Rücken – die Doppelbelastung einfach zuviel.

Jetzt kann Wagner auch die Konzertreisen etwas entspannter angehen. Zum Komponieren zwingt er sich unterwegs ohnehin nicht. Da unterstützt er Peter Bucks Forderung, jedem, der Songs übers Touren schreibt, die Lizenz zu entziehen. „Auf keinen Fall sollte man in das Rock’n’Roll-Klischee verfallen und über die Erfahrungen on the road schreiben. Außerdem sind unsere Reisen ja nicht gerade glamourös. Wer will darüber schon was wissen? Ich jedenfalls nicht.“ Dabei ist dies immerhin die größte Europa-Tournee, die Lambchop je unternommen haben. Und die ach so lustigen Konzertbesucher, die gerne in den unpassendesten Momenten „Give up your day job!“ dazwischenbrüllten, müssen sich jetzt auch endlich etwas anderes ausdenken.

Das Meisterwerk „Is A Woman“, um das Piano herum konzipiert, erscheint zwar zunächst wie eine einzige Tautologie. Die Stücke sind auch nicht so virtuos wie die Goldberg-Variationen. Doch Wagner variiert hier wie ein ausgefuchster Cool-Jazz-Musiker die gefühligen Motive, um nach etwa sieben Stücken plötzlich lauter und zupackender zu werden. Wer die frühen Lambchop-Alben noch einmal hört (unbedingt!), der wird auch hier das Prinzip der Redundanz schätzen lernen müssen.

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