Liebe verloren, England verlassen

Nach dem Scheitern seiner langjährigen Beziehung hat David Gedge seine Band The Wedding Present reaktiviert - eine höchst willkommene Rückkehr

Cherchez la femme. Es war Sally Murtell die langjährige Freundin von David Gedge, derentwegen er seine Band The Wedding Present 1997 auf Eis legte. Es war Sally, mit der er seither das Pop-Projekt Cinerama betrieb. Und schließlich war sie es, die Schluss machte – was Gedge bewog, nach Seattle zu ziehen. Dort, in der „schönsten Stadt Amerikas“, wie er emphatisch bekundet, in landschaftlich reizvoller Umgebung, schob er eine Weile den Blues und schrieb bittere Songs über den Trennungsschmerz. In Seatde reifte dann auch der Plan, The Wedding Present wieder auf den Plan zu rufen. „Freunde rieten mir dazu“, erklärt Gedge, „aber was den Ausschlag gab, waten meine neuen Songs, die nicht gut ins Cinerama-Konzept gepasst hätten – obwohl sich das im Laufe der Jahre auch verändert hatte, dunkler geworden war, gitarrenlastiger auch.“

Simon Cleave, der bereits dem vorherigen Present-Line-up angehörte und nun wieder mit an Bord ist, erinnert sich eher ungern an das vorläufige Ende vor acht Jahren. „David wollte etwas anderes probieren und fühlte sich im Rahmen der Gruppe nicht mehr frei genug. Wir mussten das wohl oder übel schlucken. Es war ja zunächst nur von einer einjährigen Band-Pause die Rede.“

Cleave seufzt theatralisch. „Du wirst es nicht schaffen, dass ich mich schuldig fühle“, erwidert Gedge lachend, „ich wollte einfach etwas völlig anderes machen, ich wollte orchestrieren, Flöten einsetzen und Trompeten und allerlei Keyboards. Und das ließ sich im Rahmen einer reinen Gitarrenband ja schlecht verwirklichen und hätte garantiert zu Verwerfungen geführt. Es stimmt, dass ich damals nur von einer Auszeit von einem Jahr gesprochen habe, aber es zog sich eben hin. Es war naiv von mir zu glauben, ich könnte die orchestralen Arrangements, die mir vorschwebten, in ein paar Wochen lernen. Um meine ersten Versuche zu spielen, hätten die Violinisten sieben Finger gebraucht. Ich musste mich in die Materie vertiefen, lernte, am Computer zu komponieren, und das kostete Zeit. Eigentlich konnte ich meine ursprünglichen Ideen erst auf dem vierten Cinerama-Album befriedigend umsetzen. Mein Plan, The Wedding Present parallel dazu am Laufen zu halten, erwies sich als nicht realisierbar.“

Nun also der Zirkelschluss: „The return of an Indie institution“, wie ein UK-Blatt ohne Arg und Ahnung posaunte. „Es ist das alte Lied“, meint Gedge achselzuckend, „es wird nicht zur Kenntnis genommen, dass wir auch bei Major Labels unter Vertrag waren. Viele verwenden den Begriff ,Indie‘ als Synonym für das Sperrige und Unangepasste. Das mag falsch sein, aber ich kann damit leben.“

So ging es mit altem, neu entdecktem Elan in Steve Albinis Analog-Studio in Chicago, um die dort gefertigten Aufnahmen in Seattle von Steve Fisk abmischen zu lassen. Es sei eine ungemein intensive Arbeit gewesen, so Gedge, ein 14 Jahre dauerndes Liebesverhältnis lasse sich nicht ohne Pein in Songs bewältigen und auf Tape bannen. Er habe dabei Federn gelassen, emotional gesprochen. Und er hoffe, dass das nachzuvollziehen sei beim Hören der neuen Wedding Present-LP „Take Fountain“.

Jetzt, wo der vornehmste Fan und Mentor der Band nicht mehr da sei, um für die nötige Aufmerksamkeit zu sorgen. John Peels Tod, sagt David Gedge tonlos, sei ihm so nahe gegangen, dass er tagelang nicht darüber sprechen konnte und alle Anrufer abwimmelte. Weshalb sein Name zunächst gefehlt habe in den publizierten Kondolenz-Adressen. Erst zwei Wochen später habe er sich imstande gesehen, an Peel-Gedenkveranstaltungen teilzunehmen und seine Trauer zu teilen. „Peel ist unersetzlich“, weiß Gedge. „Es wird nicht leichter ohne ihn“, murmelt Cleave, „so viel ist sicher“

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