Mache Gold zu Pop!

Mit Jellyhsh, später als Session-Mann für Morrissey und Beck hat Roger Joseph Manning Jr. Musik nach Rezept gezaubert

Denen, die ihn kennen, ist er so in Erinnerung geblieben: mit sinnlos langen Haaren, mit Rüschenhemd und erdbeerrot gescheckter Schlaghose. Wie er sich in diesem Aufzug vom Bauch einer riesigen, mit blauem Gelee bemalten Frau hinabstürzt und den Regenschirm als Fluggerät benutzt. So war Roger Joseph Manning Jr. auf dem Cover seiner ersten Platte, die er 1990 mit der Band Jellyfish machte. Ob man es als Mann gut oder schlecht findet, ein solches Bild im popkulturellen Gedächtnis zu hinterlassen – die Frage kann einem in bestimmten Psychotests gigantisch viele Punkte bringen.

Manning findet es toll und haut jetzt, 16 Jahre später, in denselben Fruchtkuchen, wenn er sein Solo-Album „The Land Of Pure Imagination“ veröffentlicht und wieder so klingt wie damals. Hemmungslos harmonisch, im Schmetterlingsflug zwischen einfachen Melodien und schwierigen Arrangements mit Spinett und Geigen, Chorgesängen im Stil mehrstöckiger Erdnussbutter-Sandwiches, dem Rhythmus des späten Ringo und der Geburtstagslaune von Vierziger-Musicals und Sechziger-Hippies. Kinder mögen seine Platten. „In meiner Musik schwingen immer Wärme, Schutzbedürnis und Naivität mit“, sagt er. „Ich weiß, dass das viele Hörer abstößt, aber Erwachsensein heißt für mich nicht, dass ich das aufgeben müsste.“

Dabei ist Manning – der den ausführlichen Namen trägt, um nicht mit Folk-Punk Roger Manning verwechselt zu werden – nach dem Platzen der Jellyfish-Blubberkugel wie ein überaus realistischer Musikarbeiter aufgetreten. Hat nicht nur neue Bands gegründet, die Glam-Gruppe Imperial Drag, das Duo Moog Cookbook mit quietschenden Instrumentalversionen von Alternative-Rock-Hits – auch als ordinärer Session-Keyboarder hat er für Blink-182, Air, Beck und Morrissey gespielt. Heute, mit 40, verheiratet in Los Angeles, kann er tatsächlich beweisen, dass er auf Wunsch alles spielen kann, was die Leute wollen.

Das klingt im Rock’n’Roll-Duktus so ehrenrührig und ist doch bloß logisch. In gewisser Weise ist Roger Manning der typischste 9oer-Jahre-Popmusiker, den man sich denken kann: durch übergreifende Plattensammlungen gebildet, früherzogen durch den Anything-goes-Gestus von Post-Punk und MTV, mehr von Talent und Nachmach-Lust geprägt als von revolutionärem Bedürfnis. „Von Anfang an war mir sehr bewusst, dass ich keinerlei Scheu davor hatte, meine musikalischen Einflüsse offen vor mir herzutragen“, sagt Manning. „Mir war klar, dass ich Ideen aus der gesamten Pop-Historie einbringen müsste, bis zurück in die 40er Jahre, um meine Musik so gut zu machen, wie ich sie haben will. Ich bin immer noch davon überzeugt, dass die beste Musik zumindest einen nostalgischen Zug haben muss.“

Die liebsten Erinnerungen führen ihn zu den großen Kollaborationen: mit Beck, der im Studio heimlich mitschnitt, wenn Manning die Synthesizer stimmte, und dem erstaunten Künstler dann mitteilte, er brauche gar nicht mehr zu spielen. Und mit Morrissey. „Morrissey kann sich nicht in Musiker-Terminologie ausdrücken und benutzt deshalb oft filmische Bilder. „Roger, ich sehe eine Wüste in Schwarzweiß, ich sehe rollende Tumbleweed-Büsche und höre den Wind heulen…‘ Mir fiel ein Effekt ein, der das Keyboard wie eine Pedal-Steel-Gitarre klingen lässt – und Morrissey sprang auf: ,Das ist es! Genau das habe ich im Kopf gehört!“‚ Auf welchem Stück der Effekt landete, weiß Manning gar nicht- die Arbeit des schlauen Archivars endet da ja auch.

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