MARK KNOPFLER ruht in sich selbst, doch seine Musik reist noch immer zwischen den Kontinenten

Mark Knopfler – the sultan of sleep“ titelte der englische „Guardian“ nach seinem Wohltätigkeitskonzett mit alten Freunden von den Notting Hillbillies und den Dire Straits im Londoner „Shepherd’s Bush Empire“. Als ich Mark Knopfler einen Tag später gegen Mittag in einem Club in Kensington gegenüber sitze, wirkt er immer noch reichlich müde und schlürft seinen Kaffee. Er wohne gleich um die Ecke und sei gerade erst aufgestanden.

Richtig ausgeschlafen klang er auf seinen Alben ja eigentlich auch nie – sein Sprechgesang schien immer eher wie kurz vor Tiefschlaf hingenuschelt. Um so erstaunlicher, dass er auf seinem neuen Album, „The Ragpicker’s Dream“, womöglich zum ersten Mal überhaupt, richtig singt. „Findest du? Das liegt wohl an meiner Band, die Jungs haben mich auch schon auf ‚Sailing To Philadelphia‘ begleitet Sie sind einfach großartig, jeder Einzelne von ihnen. Mit ihnen zu arbeiten fordert mich immer wieder heraus. Es ist toll, im Studio zu sitzen und ihnen meine Songs vorzuspielen. Ich schaue sie dann immer erwartungsvoll an, und sie sagen nur: ,Okay. Was hast du noch?'“ (lacht)

Ansonsten habe sich aber über all die Jahre wenig verändert: „Es sind immer noch die gleichen Dinge, die mir das Herz brechen. Wenn ich die Sultans of Swing heute zum ersten Mal gesehen hätte, würde ich vermutlich auch einen Song darüber schreiben. Und Mann, es gibt immer noch nichts Besseres als mit der Gitarre auf einem Stuhl zu sitzen und einen Song zu schreiben.“ Sagt’s, seufzt und blinzelt auf seine akustische Gitarre, die – na klar – neben seinem Stuhl steht.

„Mark Knopfler ist bei sich selbst angekommen“, könnte man ob dieser Gelassenheit fabulieren, doch das ist er schon vor vielen Jahren: „Ich erinnere mich noch an meine Jugend, als ich mit Steve Phillips rumhing und wir versuchten, Country-BIues zu spielen. Blind Willie McTell war damals enorm wichtig für uns. Als ich dann 1976 mit ’nem Greyhound-Bus durch Atlanta fuhr, dachte ich: ,Wow, ich bin endlich in Blind Willie McTells Land!'“ Da blieb er bis heute, nicht ohne allerdings ab und zu von seinem musikalischen Zuhause in seine Heimat Northumberland zurückzukehren. „Ich bin vor allem daran interessiert, für meine Songs eine englische Landschaft zu benutzen und die Reisen, die die Songs zwischen den Kontinenten zurücklegen, von Europa durch Auswanderer in die Staaten und von dort beispielsweise durch Leute wie Chris Barber oder Lonnie Donegan wieder zurück zu uns. So eine Art transkontinentaler Blues.“ Nirgendwo kann man das besser hören als auf „The Ragpicker’s Dream „. So beginnt die Reise in „Fare You Well Northumberland“ etwa in einem alten englischen Folk-Club, springt dann über den Teich und wird zu einem urbanen Blues.

Bei allem kulturwissenschaftlichen Interesse hat Knopfler sich immer ein romantisierendes Musikverständnis bewahrt: „Es ist einfach schön, wenn Leute aus dem Nichts großartige Musik erschaffen. Das ist ein kleiner Sieg über die Welt, denn die Welt kann manchmal ein bisschen gemein sein, findest du nicht auch?“ Dann lächelt er weise und lehnt sich gelassen zurück. Um Mark Knopfler aus der Ruhe zu bringen, muss man vermutlich schon sehr früh aufstehen.

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