mit david in der partyküche: DAVID BOWIE gibt einen Vorgeschmack auf die kommende Tour

Verzweifelte Männer sind zu vielem fähig. Davon hat man schon gehört. Vor dem E-Werk haben welche Frauen mit nicht sehr katholischen Blusen auf Motorhauben gesetzt und lassen sie kokett mit „Suche Karten“-Schildern winken. Hilft natürlich nichts. Wer in jenen fabulösen 45 Sekunden des Kartenvorverkaufs eine Karte erstehen konnte, rafft sie fest an seinen Busen und gibt sie nimmer her. Auch in der Halle geht es lustig zu: Im VIP-Bereich auf der Galerie ist mit rotweiß-Band ein VIP-VIP-Bereich abgezäunt, ein rührendes Einmal-zwei-Meter-Gehege, in dem der Veranstalter Marius Müller-Westernhagen samt Gattin unterbringen will. Der mag aber nicht rein ins Gatterchen. Um acht dann David. Er kommt, wie andere gehen: Die Haare zausig, den nachtblauen Binder offen um den Hals baumelnd. Ein Aufzug, in dem man frühmorgens in der Partyküche komplett besoffen die Reste aus dem Chilitopf kratzt Duke David jedoch gibt darin Prinz Charming. Er lächelt nicht, er feixt, sieht umwerfend schön aus und beginnt gleich mit „Erkennen Sie die Melodei?“ „Ashes Tö Ashes“, „China Girl“, „Let’s Dance“, „Starman“. Von wegen, das würde er höchstens noch seiner Frau zur Guten Nacht vorsingen. Er spielt alles. Ja, „Heroes“ auch. Ganz großartig: Ein dunkel dräuendes „Tm afraid of Americans“. Dazwischen ein bisschen „Heathen „. Und alles irre gut gelaunt. David lacht und winkt und küsst seine Bassistin sacht auf den kahlen Kopf, die lustig und barfüßig auf ihre Effektgerätschalter springt. Sehr dezent im Hintergrund sonst, die Band. Dafür gibt’s aber einige ausgezeichnete Bowie-Posen: halbperformancepathetisches Armeausbreiten, ein bisschen Luftklavier und ein Beckenkick, nicht länger als ein Wimpernschlag. Und die Windmaschine weht Binder und Haare empor. Die Türen seien abgeschlossen, wir müssten also noch bleiben, sagt David spaßig zu Beginn der zweiten Zugabe. Und setzt auf seine smarte Selbstcovershow noch ein Kammerkonzert obendruff: Es gk>tJLow“, bis auf „Weeping Wall“ komplett, mit Bowie an Stylophon, Keyboard, Saxophon. „Ich würde ja gerne noch ein bisschen länger spielen, aber gleich beginnt hier die Disco“, sagt David dann nach zweieinhalb großartigen Stunden, winkt charmant und geht. „Er ist gut 55 Jahre alt, er macht Musik, und er ist nicht lächerlich. Eine große Leistung“, hat Suede-Bassist Mat Osman diese Bowie-Sache am Nachmittag im Interview erklärt. Genau so isses. Anja Rützel

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