Musikbuch: „Nicky Hopkins. Eine Rock-Legende“ von Julian Dawson

Er war der Pianist für alle Fälle - er kam nicht zu Ruhm, doch Nicky Hopkins lieh den Berühmten sein Talent. Wolfgang Doebeling über die nun erschienene Hopkins-Biographie von Julian Dawson.

Er wurde gebraucht, der Mann am Klavier. Für einen ausgebildeten Konzertpianisten mit schneller Auffassungsgabe und der Fähigkeit, sich in die unterschiedlichsten Musikstile einzufühlen, bestand bei Plattenaufnahmen so viel Bedarf, dass Nicky Hopkins bald alle Studios Londons von innen kannte. Den unzähligen Plattenkäufern, die sich vor der heimischen Stereo-Anlage an seinem Tastenanschlag delektierten, war sein Name indes nur geläufig, wenn sie die Credits auf den Cover-Rückseiten studierten. Und oft genug wurde er nicht einmal dort erwähnt.

So flößt schon der 20-seitige diskografische Anhang, mit dem Julian Dawson seine faszinierende Biografie beschließt, maximalen Respekt ein. Sicher, man wusste, dass Hopkins auf fast allen Stones-LPs von „Between The Buttons“ bis „Tattoo You“ spielte. Bekannt waren auch seine nicht unmaßgeblichen Beiträge zu Platten von The Who sowie der Beatles oder der Kinks. Aber wer wusste, dass Nicky als Teenager für „Jack The Ripper“ von Screaming Lord Sutch in die Tasten hämmerte, dass er Bowie und Bolan begleitete, lange bevor die berühmt wurden, dass er auf Hits der Hollies und der Small Faces zu hören ist und das wunderbare Piano zu Dusty Springfields „I Close My Eyes And Count To Ten“ beisteuerte? Und, wichtiger noch, wer hat einen Schimmer davon, wie es dazu kam, wie die Sessions abliefen, wie überhaupt Kreativität und Karrieren korrelierten?

Dawson, selbst Musiker und Plattenmacher, weiß um die Mythen des Biz, die Fallen und Versuchungen, was ihm hilft, Hopkins‘ Weg mit viel Sympathie, aber auch mit gebotener Distanz nachzuzeichnen. Ein Weg gepflastert mit Hindernissen, von Nickys Geburt während eines Luftangriffs der Deutschen, über seine chronische Kränklichkeit, die ihm manche Chance zunichtemachte, bis zu Verstrickungen mit Drogen und Scientology. Anekdotisches und Episodisches sorgt für Kurzweil und Kopfschütteln, ob Bobby Keys verrät, wie Mick Jagger sich Nickys Ideen unterjubeln ließ, oder ob von Kollegen Tribut gezollt wird.

„Es gab nichts, was Nicky nicht spielen konnte“, wird Bill Wyman zitiert, „er war ein Genie“. Ein nun nicht mehr unbesungenes, immerhin.

Erschienen in der Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann (ca. 23 Euro)

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Wolfgang Doebeling

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