Nach dem All-Star-Auflauf von „Reload“ schrieb Tom Jones nun zusammen mit Ex-Fugee Wyclef Jean erstmals eigene Songs

as für ein toller Mann – ich wusste schon nach zwei Minuten, was ich schreiben werde.“ Die Reporterin einer landbekannten _ Frauen-Illustrierten schiebt sichtlich beglückt ihr Leopardenfell-Täschchen den Arm hoch und stöckelt davon. Sie hat eben den Tiger getroffen: Mr. Tom Jones, Charmeur in der vierten Dekade und seit „Reload“ Musik-Opi mit unerwartet hohem Pop-Appeal, gewährt in diesen Tagen viele Audienzen, um sein neues Album vorzustellen. „Mr. Jones“, Album Nt 2 nach der erfolgreichen Revitalisierung, ist ungleich seinem Vorgänger nicht mit einer Vielzahl von Produzenten und Musikern entstanden, sondern vertraut auf nur einen kreativen Gegenpol: Wyclef Jean.

„Ich wollte schon lang ein zeitgemäßes R&B-Album machen“, erklärt Jones, „der fUnvur ist ja immer noch derselbe wie bei Sam Cooke, nur die Produktionsweisen ändern sich. Kennst du Wyclefs Version von ‚Killing Me Softly‘? Das ist ein fabelhaftes Beispiel dafür, wie man den alten vibe in die Gegenwart überträgt.“

Dass es nun aber eben diesen Wyclef Jean nicht mehr gibt, und dass die Integrität der frühen Fugees-Tage bloß eine schmerzhafte Erinnerung an verspielte Potenziale ist, daran krankt der reichlich beliebige R&B von „Mr. Jones“. Doch diese Meinung teilt der Sänger freilich nicht. „Bei unserem ersten Treffen sagte mir Wyclef, dass er mir nicht ein paar vorgefertigte Standards vorsetzen, sondern rausfinden wolle, was in mir steckt und was ich zu geben habe.“ Guter Ansatz. „Im Studio lief dann alles anders, als ich es kannte. Wyclef hat irgendeinen Beat gelegt, und wir haben dann zusammen aus dem Nichts einen Song entwickelt. Eine phantastische Erfahrung.“ Und so wird Tom Jones, der bislang nur die Lieder anderer Leute trällerte, auf seine alten Tage noch zum Songwriter.

„Für die Kids, die mir jetzt zuhören, bin ich ein Botschafter aus vergangenen Zeiten“, analysiert Jones, „als ich in Wales mit der Musik anfing, musste man vor allem singen können. In den Minenarbeiter-Kaschemmen ging’s drum, gehört zu werden – die fanden Rock’n’Roll und elektrische Gitarren anfangs ziemlich bescheuert, und es hat echt lang gedauert, bis ich sie an ‚Great Balls Of Fire‘ gewöhnt hatte. Aber dann boom! ging die Post ab.“

So ähnlich, sagt Jones, sei sein ganzes Leben abgelaufen. Rock’n’Roll gegen die Minenarbeiter, Sologesang gegen Beat-Britain, klassische Tugenden gegen moderne Jugendkultur und immer siegt die Stimme. „Als ich für ‚Reload‘ mit den Stereophonics aufnahm, sagte mir Kelly Jones, dass es bei den Leuten als verdammt uncool gelte, mit Tom Jones ins Studio zu gehen. Well, fuck ‚em, I know it’s not.“ Wie Jones da sitzt, glaubt man ihm das. Schwarzer Anzug, Silberkreuz vor der halb entblößten Brust, dazu eine energische Gestik und der unbedingte Wille, seine Begeisterung für Musik deutlich zu machen, all das bescheinigt dem Waliser Veteran, nicht bloß die Galionsfigur für irgendein gut kalkuliertes Marketingprojekt zu sein. Auch wenn solcher Enthusiasmus kein Garant für eine gute Platte ist. „Ich habe mir durch all die Jahre meine Leidenschaft für Musik bewahrt“, sagt Jones und lobpreist Nelly und Truth Hurts und andere Nachgeborene. „Viele meiner Altersgenossen sind ja in einer Art Zeitblase kleben geblieben und hören bloß noch irgendwelche Oldie-Sender mit immer demselben alten Kram. Well, that’s not me.“

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