Nach einer längeren Krise fanden die Stereophonics wieder zu sich selbst und konzentrieren sich auf das Wesentliche

Hurry up and wait: Obwohl Kelly Jones das für heute letzte Journalistengespräch ohne äußere Anzeichen von Unruhe absolviert, ist er mit seinen Gedanken längst ganz woanders. In gut drei Stunden soll der Stereophonics-Chef zu einer Probe in der Londoner Royal Albert Hall erscheinen, wo er zusammen mit Paul Weller, Richard Ashcroft, Noel Gallagher, Roger Daltrey und Pete Tbwnshend einen Abend der diesjährigen „Teenage Cancer Trust“-Konzertreihe vorbereiten soll. Schirmherr Daltrey hatte schon im vorigen Jahr einen Ratschlag seiner Kinder befolgt und Jones in das immer illustre Benefiz-Billing gebeten, und auch diesmal ist der Gebauchpinselte nicht halb so abgebrüht wie man meinen sollte.“Ich mach mir ehrlich in die Hose“, sagt er mit leicht gequältem Lächeln, „auf der Bühne stehen drei Generationen britischer Rockmusik, und ich soll ‚Magic Bus‘ singen. Was, wenn ich’s versaue!?“

Wer die Presse der Stereophonics in den letzten zwei Jahren verfolgt hat, kommt schon jetzt ins Wundern: Kelly Jones wurde vor allem in den britischen Medien seit dem viel geschmähtem dritten Album, JEE.P. „von 2001, als arroganter Emporkömmling vorgeführt, der frühzeitig seine Jugend gegen blasierte Selbstgefälligkeit eingetauscht zu haben schien und gute Musik ab nun nicht mehr zuwege bringen würde. Journalistenmär oder korrekte Beobachtung, heute jedenfalls ist Jones ein freundlicher Mann mit großer Gesprächsbereitschaft. Zusammen mit dem eher aufs Simple abonnierten Bassisten Richard Jones kommt dem Sänger und Gitarristen die Rolle des filigranen Kunstmenschen zu, der das neue Album, „you Gotta Go There To Come Back“, zur Bestandsaufnahme in eigener Sache nutzt und dabei kein Blatt vor den Mund nimmt „Die ganze J.E.E.P.-Ära war für die Band eine schwere Zeit“, erinnert er sich. „Nach den Strapazen des zweiten Albums hatten wir uns nichts mehr zu sagen – ich verstand mich speziell mit unserem Schlagzeuger Stuart nicht mehr besonders, und als es dann auch noch ein paar Missverständnisse zwischen uns gab, stand die Band kurz vor dem Zerbrach. Wir haben uns echt wie Kinder benommen.“

Um das Unheil abzuwenden, trafen die Stereophonics eine radikale Entscheidung: Beim neuen Album würden alle Produzenten draußen bleiben müssen. „Uns ist klar geworden, dass es zu jedem Zeitpunkt unserer Karriere immer nur um uns drei ging, sonst um nichts“, erklärt Richard. „Wir wollten keinen Produzenten, der uns eine tolle Platte zimmert, die dann aber klingt wie die irgendeiner anderen Band. Wir wollten herausfinden, wie wir klingen.“

Vieles auf dem vierten Werk der Stereophonics ist nun tatsächlich kreativer und weniger formatiert als auf „J.E.E.P.“ – die drei Waliser verfeinern die hier üblichen Rock-Klassizismen, probieren Soul und Glam und mühen sich nicht ohne Erfolg darum, die Seele der Band abzubilden. Es ist also alles wieder gut. „Es war wichtig, an diesen Scheidepunkt zu gelangen“, erklärt Kelly, „wir hätten uns sonst nicht erinnert, was eigendich wichtig ist.“ You gotta go there to come back.

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