Neu im Plattenregal: Die Alben vom 24. Februar 2012

Die Neuerscheinungen der Woche - wie immer mit Rezensionen, Videos und Streams. Diesmal u. a. mit The Cranberries, Fanfarlo, Cursive, Lisa Hannigan, Lambchop, Tom Liwa, Palace Songs und The Asteroid Galaxy Tour.

In unserem beliebten Überblick der Alben der Woche reisen wir weiterhin durch die Plattenläden des Landes. Heute empfehlen wir einen Besuch beim Musikladen in der Bahnhofstr. 10 in 15711 Königs Wusterhausen. Alle Infos gibt es hier.

The Asteroids Galaxy – „Out Of Frequency“ (BMG Rights Management/Rough Trade)
Ihr erstes Konzert spielten sie im Vorprogramm von Amy Winehouse, ihr Song „The Golden Age“ kam in einem bekannten Heineken-Spot zum Einsatz und machte die Band um Sängerin Mette Lindberg recht berühmt. Mittlerweile spielt man ihre Songs auch in Serien wie „Mad Men“. Mehr über The Asteroid Galaxy Tour erfährt man auch in unserer „Breaking“-Story im aktuellen Heft. Darin erzählt Lindberg über die Aufnahme des Albums in Kopenhagen: „Wir haben die Platte in unserem eigenen Studio mitten im Rotlichtbezirk aufgenommen. Überall Zuhälter, Nutten, Junkies – sehr inspirierend.“ Es ist eine Inspiration, die man nicht hört: „Frequency“ ist ein sommerliches Bombastpop-Album mit Reggae-, Disco-, Soul- und R&B-Einflüssen.
>>>> Heineken-Clip mit dem Song „Golden Age“
>>>> Clip zu „Heart Attack“
>>>> Albumstream bei simfy

Kristofer Aström – „From Eagle To Sparrow“ (Startracks/Indigo)
Drei Sterne gibt es in unseren Kurz-Rezensionen: „Nick Drake und Elliott Smith wohnen in den meditativen, naturalistischen Stücken des schwedischen Sensibilisten, dem man höchstens den Vorwurf machen könnte, dass ihm manchmal ein Quäntchen Raffinesse fehlt, um zu den Vorbildern aufzuschließen“. Da kann man doch mit leben…
>>>> Albumtrailer zu „From Eagle To Sparrow“
>>>> Albumstream bei simfy

Atari Teenage Riot – „Riot In Japan 2011“ (Digital Hardcore/Rough Trade)
Alec Empire, einzig verbleibendes Mitglied der originalen Atari Teenage Riot, hatte zunächst Bedenken, die Band wiederzubeleben. Er fürchtete, die Energie, die ja bei dieser extremen Musik sehr wichtig ist, sei heute nicht mehr vorhanden. Aber nach zunächst einzelnen Shows, zum Beispiel auf dem Berlin Festival, gefiel es der Band so gut, dass es nun weitergeht. Als neues Material gibt es bisher aber weiterhin nur „Activate!“ anzubieten – und nun eben das offizielle Live-Album „Riot In Japan 2011“. Warum Japan? Vermutlich weil ihnen dort schon immer eine recht fanatische Fanliebe entgegenschlug. Ob man ein Live-Album ohne die entsprechenden Bilder dazu nun wirklich braucht, bleibt eine gute Frage, allerdings haben die live noch radikaler klingenden Songbastarde aus amoklaufenden Beats und politisch motiviertem Geschrei einen gewissen Charme, dem man sich nicht entziehen kann. Bleibt aber wohl weiterhin Musik für Leute, die The Prodigy für Pussies halten…
>>>> 4 Songs von „Riot in Japan 2011“ im Soundcloud-Stream
>>>> Videointerview und Live-Clips von Atari Teenage Riot

Common – „The Dreamer, The Believer“ (Warner Bros./Warner)
Natürlich hat dieses Album seinen Platz in der aktuellen „Beats“-Kolumne von Jürgen Ziemer. Dreieinhalb Sterne vergibt er und meint: „Anders als auf vielen aktuellen HipHop-Alben spielt Soul hier immer noch die Hauptrolle, was wohl auch dem Produzenten No I.D. zu verdanken ist. Doch auch Common selbst präsentiert sich endlich wieder überwiegend in Bestform.“
>>>> Albumstream

The Cranberries – „Roses“ (Vertigo/UDR/Universal)
Die Review gibt es bereits hier online zu lesen. So ganz überzeugt ist Jörn Schlüter indes nicht: „Es gibt einige schöne Lieder (und ebenso viel Prätentiöses) sowie ein paar glaubhafte Sentimente (und ebenso viel Kitsch).“
>>>> Albumstream auf simfy
>>>> Video: Akustiksession auf rollingstone.com

Cursive – „I Am Gemini“ (Saddle Creek/Cargo)   
Zweieinhalb Sterne vergibt Maik Brüggemeyer im „Freistil“ und befindet: „Cursive-Songwriter Tim Kasher war schon immer ein bisschen zu vergrübelt und verkopft, konzeptbesessen und kopfhängerisch, um ihn wirklich zu lieben. Omahas Antwort auf Roger Waters vielleicht. ‚I Am Gemini‘ handelt nun, wenn man dem Info glauben darf, von zwei nach der Geburt getrennten ungleichen Zwillingsbrüdern – einer wird gut, einer böse. Also so eine Art ‚East Of Eden‘ für Liebhaber des mit Schrammelgitarre zelebrierten Prog-Rock.“
>>>> Albumstream

Fanfarlo – „Rooms Filled With Light“ (Atlantic/Warner)
Als Fanfarlo noch obskure Gestalten wie den Ufologen, Autor und Hobbyhistoriker „Harold T. Wilkins“ besangen, orientierte sich die Musik der Band um den in London lebenden Schweden Simon Balthazar noch an der Folk-meets-Pathos-Formel von Arcade Fire und Co. Anders als beim Vorgänger „Reservoir“, sucht man auf „Rooms Filled With Light“ nun seine Inspiration im Post-Punk und bei The Cure. Das macht ihren Zweitling zwar überraschend, treibt ihrer Musik aber auch ein wenig die Kälte in die Knochen.
>>>> Albumstream
>>>> Clip zu „Deconstruction“

Featuring Yourself – „Inner Underground“ (141/New Music)
Gar nicht schlecht, was die Band aus Hamburg und Kiel hier anbietet: Ihr von Kurt Ebelhäuser (Blackmail) produzierter Sound platziert sich angenehm zwischen Indie-Melancholie und Post-Punk-Zack und hat als einzige Schwäche, das man immer wieder mal das „School English“ raushört. Aber das hat man ja eigentlich (fast immer) bei deutschen Bands, die Englisch singen…
>>>> Clip zu „Amsterdam“

Stefan Gwildis – „Frei Händig“ (105 Music/Sony Music)
Fast vier Jahre hat es gedauert, bis uns Herr Gwildis mal wieder mit seinen geschmackvollen und manchmal etwas behäbigen Soul-Verneigungen beehrt. „Hamburgs singender George Clooney“, wie ihn das Hamburger Abendblatt mal nannte, verlässt sich wieder auf die gewohnten Bausteine: Bläser an den richtigen Stellen, Handclap hier, Handclap da, ein wenig Gospelbalsam und bisweilen nachdenkliche Texte, die er mit seinem dunklen, nasalen Timbre ins Ohr schmeichelt. Wie so oft bei dieser Musik, hätte man sich ein paar Ecken und Kanten mehr gewünscht…
>>>> Video: Making of von „Frei Händig“
>>>> Albumstream auf simfy

Lisa Hannigan – „Passenger“ (Hoop/PIAS/Rough Trade)
Seufz. Eine schöne Platte. Das findet auch Jörg Feyer in seiner Rezension, die man hier lesen kann.
>>>> Clip zu „Little Bird“
>>>> Stream bei simfy
>>>> Interview als „Artist To Watch“

Beth Jeans Houghton & Hooves Of Destiny – „Yours Truly, Cellophane Nose“ (Mute/GoodToGo)
Drei Sterne gibt es in unseren Kurzrezensionen der Märzausgabe für das Debüt von Beth Jeans Houghton: „Die Folk-Elfe aus Newcastle leidet seit ihrer Geburt an Synästhesie, einer Krankheit, die ihr laut Eigenaussage ermöglicht, Lieder in Farben wahrzunehmen. Und so trägt sie mal kräftiges Blau auf wie im barocken ‚Sweet Tooth Bird‘, mal dezentes Rot wie im betörend gezirpten ‚Nightswimmer‘.“
>>>> Albumstream bei Spinner
>>>> Videointerview
>>>> Rolling Stone Session: „Sweet Tooth Bird“

Kristoffer & The Harbourheads –    „Little Goes A Long Way“ (Ferryhouse/Warner)
Der schwedische Songwriter Kristoffer Ragnstam und sein Trio The Harbourheads versuchen auf „Little Goes A Long Way“ den bisweilen düsteren skandinavischen Folk mit Pop-Elementen aufzuhellen. „We did it for the dancers“, gestehen sie dann zum Beispiel frohgemut im Song „Only For Rachel“ und singen augenzwinkernd von „quality time“, die es zu genießen gilt. Die Popelemente und Melodien fischen sich die Herren dabei allerdings nicht aus dem Mainstream der Jetztzeit sondern aus den verdrogten Spät-60er- und Früh-70er-Jahre. Steht ihnen ganz gut.
>>>> Albumstream

Heinz Rudolf Kunze – „Ich bin – Im Duett mit …“ (Ariola/Sony)
Kunze selbst nennt Best of-Alben lieber „Zwischengrabsteine“ – und stellt nun selbst einen solchen ins Feld. Klingt aber alles andere als tot, was dort zu hören ist. Denn anstatt seine Hits noch einmal produktionstechnisch aufbrezeln zu lassen, hat er sie mit prominenter Duett-Begleitung gleich noch einmal eingespielt. So gibt es zwölf Klassiker und zwei neue Songs, eingesungen mit Pe Werner, Achim Reichel, Reinhard Mey, Hartmut Engler (Pur), Herman van Veen, Purple Schulz und Josef Piek, Stefan Gwildis, Jan Plewka (Selig), Julia Neigel, Joachim Witt, Heiner Lürig und Tobias Künzel (Die Prinzen). Da sind natürlich einige Namen bei, die unsere Leserschaft eher zum Schlucken bringen, in Anbetracht von Kunzes heutigem Standing machen sie aber durchweg Sinn.
>>>> Albumstream auf simfy

Lambchop – „Mr. M“ (City Slang/Universal)
Das neue Album von Lambchop, für das Jörn Schlüter in seiner Review viereinhalb Sterne vergibt. Schlüter bemerkt dabei ganz richtig: „Es wird schwer sein, über das neue Werk von Lambchop zu sprechen. Kurt Wagner hat ein Album aufgenommen, das ausgeht vom Freitod des Freundes Vic Chesnutt – kein Trauergesang, sondern ein musikalischer Versuch über die Liebe angesichts des Sterbens.“
>>>> Videointerview mit Kurt Wagner
>>>> Video zu „Gone Tomorrow“
>>>> Stream auf simfy

Tom Liwa – „Goldrausch“ (GIM/Intergroove)
„Liebe Annett, lieber Roger, aufgepasst: So geht Chanson richtig!“ Das rät unser Kritiker den genannten Künstlern in seiner Rezension zu Tom Liwas neuer Platte. Und befindet: „Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll mit dem Lob auf diese bitterschönen Lieder.“
>>>> Stream auf simfy

Mouse On Mars – „Parastrophics“ (Monkeytown/Rough Trade)
Dreieinhalb Sterne vergibt Jürgen Ziemer in seiner „Beats“-Kolumne der März-Ausgabe: „Zurzeit fragt man sich in den Feuilletons, ob Jazz noch müffelt oder ob er schon komplett tot ist. Kann uns egal sein, denn die Lust an neuen Formen und Klängen, das Fordernde und Abenteuerliche, für das Jazz früher einmal stand, findet man längst in der Musik von Bands wie Mouse On Mars. ‚Parastrophics‘ klingt etwas glitzernder und eleganter als gewohnt, ist aber immer noch zügellos vertrackt.“
>>>> Clip zu „Polaroyced“

Palace Songs – „Reissues“ (Domino/GoodToGo)
Im Dezember letzten Jahres sorgte eine Meldung auf der Website von Domino für Freude in unseren Redaktionsräumen: „We are pleased to announce that Domino is to reissue five Palace albums on the 27th of February. The five albums reissued are: There is No-one What Will Take Care Of You (Palace Brothers, 1993), Days In The Wake (Palace Brothers, 1994), the mini album, Hope (Palace Songs, 1994), the Steve Albini-recorded Viva Last Blues (Palace Music, 1995) and the compilation, Lost Blues And Other Songs  (Palace Music, 1997).“ Keine Frage, dass hier jeder Fan von Bonnie ‚Prince‘ Billy oder Will Oldham oder Bonnie Billy, der seine Sammlung komplettieren möchte, zuschlagen sollte. Ausführlicher werden wir noch mal in der Aprilausgabe. Zudem werden wir in dieser Woche noch ein paar wunderschöne Palace Songs-Kartensets verlosen.
>>>> Clip zu „Old Jerusalem“ (von „Viva Last Blues“)

Qluster – „Antworten“ (Bureau B/Indigo)
Elektronikpionier und Ex-Mitglied von Cluster Hans-Joachim Roedelius hat an einem Abend im Jahr 2007 gemeinsam mit Onnen Bock in der Berliner Philarmonie Nocturnes an zwei Steinway-Flügeln improvisiert. Die Aufnahme dieser Show verbirgt sich hinter diesem neuen Release von Qluster. Dem Label Bureau B., das in den letzten Jahren schon einiges von Roedelius wieder in die Plattenregale und damit auch ein Stückweit in das musikalische Bewusstsein gebracht hat, muss man für diesen frühen Release des Cluster-Nachfolgers Qluster, danken, denn die Klavierimprovisationen zeigen eine zutiefst musikalische Seite von Roedelius, die sich in den verhuschten Elektronikstücken oft im Rauschen verliert.
>>>> Snippets von „Antworten“ im Stream

The Ting Tings – „Sounds From Nowheresville“ (Columbia/Sony)
Das britische Styler-Duo legt nun endlich Album Nummer zwei nach, überzeugt unseren Kritiker Max Gösche aber nicht wirklich. Das Fazit seiner Rezension: „So pendelt sich das Album ein zwischen kalkuliertem Charts-Grusel und ein paar ordentlichen Momenten. Für Fashion-Victims!“ Lob klingt anders…
>>>> Clip zu „Silence“

Sven van Thom – „Ach!“ (Roof Music/Edel:Kultur/Edel)
Der Berliner Songwriter wird sich einige doofe Kommentare anhören, im Stile von „‚Ach!‘, den gibt’s auch noch!“ Dabei liegt z. B. sein Auftritt beim Bundesvision Song Contest 2009 mit dem abgedrehten Rap-Versuch „Jaqueline (Ich hab‘ Berlin gekauft)“ noch gar nicht so lange zurück. Ob er sich mit der Wahl dieses Stücks damals einen Gefallen getan hat, bleibt die Frage – wo er doch viel besser ist, wenn er den singenden Songwriter à la Funny van Dannen gibt und sich in Liedern wie „Anne Will“ ebenso melancholisch wie mitleidig gibt. Auf „Ach!“ ist nun wieder akustisches Songwritern angesagt, mit Texten zwischen Alltagsbeobachtung („Scheiß Silvester“), Schenkelklopfen („Polen“ und „Ihr Vater ist ein Nazi“) und allerlei kleiner und großer „Herzscheiße“, wie es Kollege van Dannen mal nannte, zum Beispiel im gelungenen „Wir zwei kommen nie zusammen“.
>>>> Live-Clip von „Irgendwann“
>>>> Live-Clip zu „Ihr Vater ist ein Nazi“

Charlie Winston – „Running Still“ (Warner)
Zweieinhalb Sterne gibt es für das Album von Winston in unseren Kurzrezensionen: „Anders als bei seinem Hit ‚Like A Hobo‘ schraubt der Weltenbummler Charlie Winston hier alles zusammen, was kulturell an ihm vorbeifliegt: Beethoven, Nick Cave, Jacques Brel, Peter Gabriel, Wim Wenders, Ingmar Bergman und so weiter. Nur das Eigene fehlt ein bisschen.“
>>>> Albumstream bei simfy
>>>> Clip zu „Hello Alone“

Xiu Xiu – „Always“ (Bella Union/Cooperative Music/Universal)
Satte viereinhalb Sterne vergibt Maik Brüggemeyer in seiner „Freistil“-Kolumne: „Familientragödien, chinesische Wanderarbeiterinnen, mordende US-Soldaten – man würde gern sagen: ‚Willkommen in der Welt von Xiu Xiu!‘, aber Jamie Stewarts Songs sind natürlich ein Spiegelbild unser aller Welt. ‚If you are wasting your Life/ Say ,Hi‘/ If you are alone tonight/ Say ,Hi‘‘, barmt der Xiu-Xiu-Chef gleich zu Beginn und erhebt seinen brüchigen Tenor über 80s-Pop-Melodien und verstimmte Klaviere, Elektronik-Krach und nervöse Rhythmen, Krautrock und Choräle. Die flackernden Bilder, die sich dazu im Kopf einstellen, könnten von Peter Greenaway sein, von David Lynch, Guy Maddin, Derek Jarman oder CNN. Man muss schon die großen Werke von Pop-Avantgardisten wie Scott Walker, John Cale und David Sylvian heranziehen, wenn man ein Album finden will, das es mit der albtraumhaften Intensität und dem Wagemut von ‚Always‘ aufnehmen kann.“ Mehr über Xiu Xiu erfährt man in unserer großen Story im aktuellen Heft.
>>>> Clip zu „Hi“
>>>> Stream bei simfy

 

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