Neue Heimat Übersee

Die Briten von Alberta Cross fanden mit ihrem Roots-Rock in New York eine neues musikalisches Zuhause.

Bevor Sie das nächste Mal nach London fahren, sollten Sie die Meinung von Petter Ericson Stakee und Terry Wolfers einholen. Die beiden Chefs von Alberta Cross haben die Stadt vor eineinhalb Jahren in Richtung New York verlassen, wohl für immer. „London ist depressiv und bedrückend“, schüttelt Gitarrist und Sänger Stakee den Kopf. „Als wir mit unserer Band anfingen, gab es 50 Bands, die wie die Libertines klangen, alle hatten diese verrückten Haarschnitte und kamen sich extrem cool vor. Wir mussten da dringend weg.“ Dabei hatten Alberta Cross mit einer EP namens „The Thief & The Heartbreaker“ einen guten Karrierestart hinbekommen. Ein internationaler Deal brachte die erste Besetzung der Band sogar in die USA, wo bald einige Konzerte zu absolvieren waren. Bei einer Musikmesse in New York passierte es dann. „Wir spürten diesen irren Vibe, alle nahmen uns mit offenen Armen auf, erinnert sich der in Schweden geborene Stakee, ein freundlicher Schlacks mit Hippie-Frisur und Hut. „Wir haben in einer Woche ein paar Gigs gespielt, den ersten vor drei Leuten, den zweiten vor 50, und dann war es proppevoll. Irgendwas passierte mit uns; noch auf dem Flughafen haben wir beschlossen, nach New York zu ziehen.“

Der Schritt nach Übersee war allerdings offenbar mit Härten verbunden.

Stakee und Wolfers berichten von Kummer und Wohnungslosigkeit, geschlafen wurde auf den Sofas der neuen Freunde. „Natürlich ist es verdammt schwer in New York“, sagt Wolfers. „Die Stadt gibt dir einen Tritt, wenn du auf dem Boden liegst.“ Die schwere Zeit war indes kurz. Neue Musiker waren blitzschnell am Start, und kaum ein Jahr später haben Alberta Cross schon die großen Festivals gespielt, für Neil Young eröffnet und eine Platte in Austin aufgenommen.

Das Album, „Broken Side Of Time“, ist eine Überraschung. War die Debüt-EP noch ein gemütliches Folk-Ding, das Stakees sehr hohe, an Neil Young erinnernde Stimme ausstellte, wird jetzt kräftig gedroschen. Die Roots-Americana trifft auf Grunge-Gitarren sowie eine Strenge in den Arrangements, die eine andere Vorliebe durchblicken lässt: den Goth der Achtziger. „Die Platte ist dunkel, weil sie die dunkle Zeit reflektiert, die wir hinter uns haben“, sagt Wolfers.

Ein paar Stunden später stehen Stakee und Wolfers auf einer kleinen Hamburger Bühne, und man hat zwiespältige Gefühle. Weil Stakee richtig gut singt und seine Stimme im schlicht akustischen Arrangement wunderbar zur Geltung kommt – um einiges besser als auf der lautstarken Platte. Andererseits: Würden Alberta Cross ganz auf Americana setzen, würde man sie gleich in einen Topf mit den Fleet Foxes, Low Anthem und Mumford & Sons werfen.

Es sei schön, mal wieder in einem so kleinen Club zu spielen, sagt Wolfers von der Bühne, es würde ihn an früher erinnern. Er klingt wie ein alter Hase.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates