New Order: Trübsal verblasen

Nach der überwundenen Schaffenskrise wollen New Order nun auch wieder Joy Division-Songs spielen

Bernard Sumner ist ein Meister der Kunstpause. „Aääh… Man darf nie vergessen, dass wir früher mal Punks waren. Rock, Gitarren, das sind unsere Wurzeln“, kommentiert der Sänger und Gitarrist das neue Album seiner unvergessenen, wenn auch oft für tot erklärten Band New Order. Ein etwas simpler Zusammenhang, der sein Gewicht allein Sumners verbalem Gestus verdankt. Wirklich new ist diese order natürlich nicht, und der verheißungsvoll klingende Albumtitel „Get Ready“ wirkt ein bisschen nassforsch. Dabei scheppert und quietscht es recht erklecklich zwischen den Bits, Bytes und Beats.

New Order, das heisst vor allem Singles. 34 an der Zahl, die das Best Of-Album der Band tatsächlich zu ihrem besten machen. Musterbeispiel-Pop. „True Faith“, „Bizarre Love Triangle“ oder „Touched By The Hand Of God“. Und: „Blue Monday“, eine der einflussreichsten Pop-Singles ever. Tollkühn, kaltschnäuzig. Eine kontrolliert aus dem Ruder laufende Rhythmusmaschine, ein Veitstanz um Falkland-Krise und Identitätskrieg zwischen allen Stühlen und Vereinbarkeiten, der die Last und Trübsal der Joy Division (aus der New Order nach dem Freitod des Sängers Ian Curtis hervorgingen) komplett umdeutete. New-Wave-Pros und Disco-Kontras, oft ein und dasselbe anno ’83, hassten das Ding – und erlagen ihm schließlich doch.

„Power, Corruption & Lies“, das Album zum Hit, war erfolgreich, aber im dramaturgischen Aufbau ebenso schwach wie jedes zwischen dem verschreckten Erstlingswerk „Movement“ (’81) und dem technokratischen Finale „Republic“ (’93).

Dann der kollektive Burnout: Nerven, Label, Familien aus dem Leim. Drummer Stephen Morris erinnert sich an einige schlechte Jonglagen: „Wir versuchten, die Bälle in der Luft zu halten, aber es ging nicht mehr. Also sagten wir: zwei Jahre Pause. Am Ende wurden acht daraus.“

Mehr als genug für Sumner, dem das fatal bekannt vorkam: „Die Songs nicht mehr spielen, praktisch sein Lebenswerk wegwerfen – das haben wir schon mal durchgemacht, mit Joy Division. Damals hätte mich das zu sehr an Ians Tod erinnert. Aber… die Songs sind ja nicht nur Ians, sondern auch unsere.“ Und so werden jetzt, dank der vielen, heilenden Zeit, auch „Isolation“ und „Love Will Tear Us Apart“ live dazu gehören. Und Billy Corgan. Billy Corgan?! Plötzlich reden Steve und Barney gleichzeitig. Darüber, dass der ehemalige Chefideologe der Smashing Pumpkins für ein paar Konzerte den Platz von Gillian Gilbert einnimmt und ein Stück auf der Platte singt, aber kein neues Bandmitglied ist. Sumner: „Es war so… Wir hatten dieses neue Stück, ‚Turn My Way‘, und immer, wenn wir es spielten, hörte ich Billys Stimme. Ich bin großer Smashing Pumpkins-Fan, und wir kannten ihn flüchtig. Also fragten wir ihn, und er machte es. Aber… ein neues Bandmitglied ist er nicht!“ Ist schon gut, Männer. Wir haben’s verstanden.

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