Niemand ist eine Insel – das sagen britische Musiker zum drohenden Brexit

Die britische Musikszene hat sich zum Thema BREXIT erst spät zu Wort gemeldet. Kurz vor Öffnung der Wahl-Lokale am morgigen Donnerstag steigt die Kommentar-Kurve steil an.

Am Ende meldet sich auch Alan McGee. Der streitbare Schotte und Gründerväter des Labels Creation (Primal Scream, Oasis) holt in der Glasgower Tageszeitung „Evening Times“ zum Rundumschlag aus. Er glaube an „Menschen, Menschlichkeit und nicht an Grenzen“, sagte McGee dem örtlichen Lokalblatt. Gerade die Schotten gelten – im Gegensatz zu vielen Engländern – als EU-freundlich. „Schottland würde dem Vereinigten Königreich ein großen Gefallen tun, wenn es massiv mit DRINBLEIBEN stimmen würde“, so Mc Ghee.

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Damit reiht sich die 55-jährige Pop-Manager-Legende in eine mittlerweile breite Phalanx von Kulturschaffenden ein, die für den Verbleib der Briten in der Europäischen Gemeinschaft trommeln. Nach zögerlichem Beginn haben in den letzten Tagen nach Brian Eno auch Bob Geldof und Johnny Marr mit Aktionen oder scharfen Statements in die überhitzte politische Auseinandersetzung eingegriffen. Den Anfang machte bereits vor Wochen der teilweise in London lebende Foto-Künstler Wolfgang Tillmans, der mit seiner Plakat-Kampagne „Nobody Is An Island“ schon vor Wochen gegen die Überfremdungs-Paranoia der LEAVE-Befürworter mobilisiert hat.

Johnny Marr verwies auf die fatale Parallele eines Werbespots der Rechtsaußen-Partei UKIP, die einen massiven, die Insel überflutenden Flüchtlings-Strom zeigt, zu einem verblüffend ähnlich gestrickten Propaganda-Film des NSDAP-Thinktanks aus den späten 1930er-Jahren. Doch auch ohne die allgegenwärtigen Nazi-Verweise ist sich die Popszene in Großbritannien einig: Eine mögliche Abschottung von Ye Olde Engerland wird gerade für die Tonträger- und Tourbranche, die vom freien Austausch von Ideen und Menschen lebt, nur Nachteile mit sich bringen.

Das Online-Musikforum „Pitchfork“ veröffentlichte jüngst eine umfangreiche Recherche unter Label- und Tour-Agenten aus Großbritannien. Alle Befragten schildern detailreich verschiedene Szenarios, in denen deutlich wird, wie kompliziert Geschäft und Leben für britische MusikerInnen werden wird, wenn die LEAVE-Kampagne am morgigen Donnerstag erfolgreich sein sollte.

Colin Roberts vom Big Life Management (Bloc Party et al) etwa fasst die Stimmung so zusammen: „Wenn wir künftig Visas beantragen müssen, wird das zu einem totalen Minenfeld. Es wird massiv Geld in Form von Verwaltungsgebühren kosten. Gerade für kleinere Bands der absolute Killer. Genau aus diesem Grund touren viele europäische Bands nicht mehr in den USA.“

Spät, aber möglicherweise nicht zu spät, ist die Popszene aufgewacht. Tenor: DRINBLEIBEN wählen, sonst sägen wir uns den Ast ab, auf dem wir jahrzehntelang recht kommod gesessen haben.

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