Noel Gallagher: Vor zu den Wurzeln

Der Engel von The Coral hieß Noel Gallagher: Weil der Oasis-Bruder sein Studio spendete, kamen sie wieder auf gute Songs

Gut sah es im Sommer vor zwei Jahren für The Coral wirklich nicht aus. Obwohl es die Band aus dem nordwestenglischen Küstenkaff Hoylake bei Liverpool mit „The Invisible Invasion“ wie bislang mit allen ihren Alben – in die Top Five der UK-Charts geschafft hatte und die Single „In The Morning“ zu einem der meistgespielten Stücke im britischen Radio wurde, drohte die Band auseinanderzubrechen, als der Gitarrist Bill Ryder-Jones beschloss, sich auszuklinken, „um sich um persönliche Probleme kümmern zu können“. In der Plattenfirma hörte man immer lauter den Unmut über die in PR-Dingen oft wenig kooperative Band, die Labelmates The Zutons zogen an The Coral vorbei. Die Luft war raus und der Spaß vorbei für James Skelly und seine Kumpel, mit denen er schon als Teenager zusammen Musik gemacht hat.

„Nach der Platte waren wir ein bisschen von der Spur abgekommen“, gibt auch Bassist Paul Duffy zu. „Wir waren drei Jahre lang fast ununterbrochen getourt und brauchten eine Pause, damit wir uns wieder wie menschliche Wesen fühlen konnten.“ Da der abtrünnige Gitarrist jetzt aber doch wieder in die Arme von The Coral zurückgekehrt ist, gibt man sich so unternehmungslustig wie früher.

Mit den Songs des neuen Albums „Roots & Echoes“ macht sogar das Touren wieder Spaß. Gerade hat die Band ein paar Konzerte in Deutschland gegeben, und Duffy ist noch ganz hingerissen vom Gig in Hamburg: „Der Auftritt war phänomenal. Ich glaube, das war das beste Publikum, das wir jemals hatten.“ Dabei sind The Coral nur im Vorprogramm der Arctic Monkeys aufgetreten, deren adoleszenter Britpunk eigentlich nur wenig mit dem gereiften Pop von The Coral gemeinsam hat. Denn auch wenn die Band im Zusammenhang mit dem neuen Albums gerne von einem Neuanfang spricht, ist davon auf „Roots & Echoes“, das gewohnt stilsicher Merseybeat und Northern Soul, Folk und ein bisschen Psychedelia vermengt, nicht allzu viel zu hören.

Was nichts daran ändert, dass die Arctic Monkeys auch Fans von The Coral sind – genau wie Noel Gallagher. Weil der Ende 2006 gerade mitOasis unterwegs war, überließ er The Coral sein Luxusstudio in Buckinghamshire samt dem gesamten enthaltenen Vintage-Equipment. Dort nahm das Sextett die meisten Songs live auf. Paul Duffy schwärmt nicht nur von der Arbeit mit Produzent Craig Silvey, sondern auch vom Ergebnis. „Ich finde, das ist unser bislang bestes Album, es wirkt in sich geschlossen, besser durchdacht und strukturiert als unsere früheren Platten.“

Während The Coral ihre Platten früher meistens in ein paar Wochen fertig hatten, haben sie diesmal fast ein Jahr an den Songs gearbeitet. Diese Sorgfalt beim Schreiben und Produzieren der Stücke hört man Nummern wie dem episch-groovenden „Music At Night“ durchaus an. Ansonsten hat sich an der Arbeitsweise von The Coral kaum etwas geändert. Meistens liefert Sänger James die Songideen, manchmal auch sein Schlagzeug spielender Bruder Ian Skelly oder Keyboarder Nick Power. „Der Rest ist eine Teamsache“, sagt Paul, „weil wir nach elf Jahren wissen, was wir tun, entwickelt sich daraus im Übungsraum meistens ganz natürlich nach und nach der fertige Song.“

Einige der besten Nummern des Albums sind dennoch erst im Studio entstanden. „She’s Got A Reason“ etwa, das an Fleetwood Mac zu Zeiten von Peter Green erinnert und sich, angetrieben von Nicks Orgel, in einen wilden Jam verwandelt. „Da haben wir uns im Eifer des Gefechts etwas gehen lassen“, entschuldigt sich Duffy unnötigerweise. Diesen Spätsommer sieht es wieder richtig gut aus für The Coral.

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