PATRICK McCABE wollte früher Rockstar werden – heute aber reüssiert der urige Ire mit seiner wüsten Schriftstellerei

Am liebsten wäre er ja Rockstar geworden. Das hat aber nicht geklappt, obwohl er sich reichlich Mühe gegeben hat. Mit seiner Country & Western-Combo The Oklahoma Show Band war er in jungen Jahren durch zahlreiche irische und englische Clubs getourt, hatte viel gesoffen und noch mehr gekifft. „Die Tourneen waren ein Riesen-Spaß“, grinst dieser bierbäuchige Mann mit dem Rübezahlbart, „nur spielten wir leider beschissen“. Und als wolle er das demonstrieren, greift er sich eine arg mitgenommene Klampfe – pling, pling – die Unplugged-Riffs weisen unseren Mann immerbin als versierten Lagerfeuer-Gitarrero aus.

Manchmal, wenn Patrick McCabe gut drauf ist, gibt er auch bei seinen öffentlichen Lesungen den Bänkelsänger und brummt merkwürdige Songzeilen wie „Je länger du lebst, desto eher wirst du, verdammt nochmal, auch sterben“. Was seine Zuhörer stets angenehm überrascht, da so etwas im Hochkulturbetrieb eher unüblich ist Ihn kümmert es nicht Nein, der 1955 in Irland geborene Schriftsteller zeigt sich wenig beeindruckt, daß ihn die Ranickis dieser Welt wegen seiner verstörenden und zugleich rasend komischen Stories zum literarischen Shooting Star der Grünen Insel ernannt haben.

Der Grund des jüngsten Medien-Andrangs ist die Film-Adaption seines bisher erfolgreichsten Buches: Im März kommt McCabes Roman-Provokation „Der Schlächterbursche“ (Rotbuch-Verlag) in der Verfilmung seines Landsmanns und Freundes Neil Jordan in die Kinos. Die Hauptrollen bekamen die Iren Stephen Rea und Sinead O’Connor.

In dem dunklen Roman zeigt McCabe auf bewegende Weise sympathy for the devil – für einen Heranwachsenden, der tötet, weil er alles, was er liebt, verloren hat. Das liebenswerte Monster heißt Francie Brady und ist eine Mischung aus Huckleberry Finn und Hannibal Lecter. Ein Phantast, der sich aus der realen Welt ausklinkt und seine eigene baut Ein bekannter Topos.

Die Art, wie McCabe den Leser in seiner Ich-Erzählung am gestörten Bewußtsein seines Protagonisten teilhaben läßt, ist beängstigend und zugleich oft schrecklich komisch. Mit seinem schwarzem Humor entlarvt der Ire immer wieder die scheinheilige Moral der Dorfgemeinschaft. „In meinen Dörfern geht es zu wie in den Filmen von David Lynch: Hinter dem schönen weißen Zaun liegen irgendwo abgehackte Ohren“, erzählt er. Vor allem die sprachliche Verve, diese Sätze ohne Punkt und Komma, welche vom Slang zehren und auch ansonsten keine grammatischen Regeln kennen, machen diesen Roman zu einem Meisterwerk.

Als ihn der nach Hollywood emigrierte Regisseur und Autor Neil Jordan fragte, ob er die Verfilmung des „Schlächterburschen“ produzieren könne, sagte McCabe nur unter der Bedingung zu, daß Jordan auch Regie führe. „Kein anderer hätte die inneren Monologe meines Buch so gut umsetzen können wie Neil“, weiß er. Gedreht wurde in McCabes Geburtsort Clones.

Die Dreharbeiten dort hatten den Schriftsteller derart bewegt, daß er sich überreden ließ, selbst eine Rolle als Säufer zu übernehmen. Das Bild des trinkfesten Kelten ist jedoch so ziemlich das einzige Irland-Klischee, das McCabe bestätigt.

Kurz vor Mitternacht grinst der Pub-Wirt seinen Stammgast an und legt das letzte Album von Van Morrison ein, „The Healing Game“, auch ein Favorit von McCabe. Daß jüngere irische Schriftsteller wie er und Roddy Doyle weltweit Erfolg hätten, „haben wir weniger Beckett als den Rockstars wie U2, Sinead O‘ Connor und Cranberries zu verdanken“.

Hin und wieder, wenn er seinen Kumpel Gavin Friday in Dublin besucht und mit ihm die Nächte durchzecht, taucht McCabe doch noch ein bißchen in den Rock ein. „Gavin und ich würden gerne eine gemeinsame Tournee machen“, seufzt ert, „ein Duo infernal, Rock und Literatur – das würde mir gefallen.“

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