„Phantastische Tierwesen 2”-Kritik: Phantastische Frauenfiguren und wo sie nicht zu finden sind

 J.K. Rowling hat etwas Unglaubliches geschafft: Sie ist Schöpferin einer weiteren Filmreihe im Harry-Potter-Universum, in der Frauen ewig untergeordnete Rollen spielen.

Es ist das Jahr 1927, und Gellert Grindelwald entkommt dem Zaubereiministerium, in dessen laschem Gewahrsam er sich befand. Er flüchtet nach Paris, wo er diejenigen um sich schart, die seine Vision teilen: Zauberer als Herrscher über die Muggel (oder No-Maj, nennen Sie es, wie Sie wollen).

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Der einzige, der Grindelwald aufhalten könnte, wäre Albus Dumbledore. Pech nur, dass die beiden Zauberer in jungen Jahren einen Blutschwur geleistet haben, der es ihnen verbietet, sich gegenseitig zu bekämpfen. Grindelwald hat einen Plan: Der Waisenjunge Credence (Ezra Miller) soll der einzige sein, der mächtig genug ist, Dumbledore zu besiegen.

 J.K. Rowling hat etwas Unglaubliches geschafft: Sie ist Schöpferin einer weiteren Filmreihe im Harry-Potter-Universum, in der Frauen ewig untergeordnete Rollen spielen. In „Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen“ sind sie unfähige Aurorinnen (also magische Polizistinnen) oder leichtgläubige Verräterinnen, verzweifeln an ihrer Vergangenheit und Zukunft. Die allermeisten Frauen im Film spielen aber nur langweilige Nebenfiguren. Bei der Geschlechteraufteilung hat Rowling einfach geschlampt: Alle Schlüssel-Charaktere sind Männer, jede weibliche Figur ist insignifikant oder nur mit sich selbst beschäftigt. 

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Die Geschichte des zweiten Teils der „Phantastische Tierwesen” ist auch verständlich, wenn man den Vorgänger nicht gesehen hat, aber schon seit jeher Harry Potter mag. Während in Teil Eins erklärt wird, wer „die Guten” (der junge Dumbledore und Gefährten) bzw. „die Bösen” (Grindelwald und Gefährten) sind, werden im zweiten von geplanten fünf Filmen weitere Gefolgsleute rekrutiert.

 „Phantastische Tierwesen 2” spielt im New York, London und Paris der „Roaring Twenties” und ist dementsprechend steampunkig ausgestattet. Während Kulissen und Kostüme aufwendiger den je wirken, wurden die titelgebenden Tierwesen teilweise ein bisschen verhunzt (in einer Szene scheinen magische Katzen direkt einem angestaubten Videospiel zu stammen). 

Etwa Tina Goldstein: Die Aurorin bringt sich ständig selbst in Gefahr und kann ihre Aufgaben nie ohne Hilfe lösen, macht ihren Job also nicht besonders gut. Zudem trägt sie zum Plot des Films de facto absolut nichts bei, ist also quasi nur mehr als Objekt der Begierde für Newt Scamander, der übrigens auch nur mehr das tierfreundliche Zierdeckchen mimt. Der Hauptteil der Geschichte spielt sich jedenfalls nicht während seiner Zeit auf der Leinwand ab.

Newt sucht seine Tina in Paris, wohin sich auch deren Schwester Queenie Goldstein begibt. Die will Bäckermeister Jacob Kowalski, den „Normalo“ aus dem ersten Teil, heiraten. Als der nicht heiraten will, verzaubert sie ihn einfach – Hi, hi. Wie liebestolle Frauen das nunmal so machen würden. Dem blöden Gag zugrunde liegt aber ein großes Thema in dieser Harry-Potter-Welt: Zauberer und Muggel sollen sich – ähnlich den Anfängen der Rassengesetze des Dritten Reiches – nicht vermischen. Queenie, entsprechend des Klischees, möchte aber so schnell wie möglich heiraten und Kinder kriegen. Queenies „einfache Art” macht sie zum nervenschwachen blonden Dummchen der Serie, welches sich auch mit ziemlich plumpen Mitteln von bösen Ideologien überzeugen lässt.

Anders verhält es sich mit Leta Lestrangeder einzig spannenden und für die Handlung relevanten Frauenfigur. Leta lässt sich von Grindelwald nicht bezirzen, kämpft aber mit ihren inneren Dämonen. In „Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen” geht es um Letas Vergangenheit, auch ein bisschen um ihre Zeit in Hogwarts. Gezeigt wird Leta als willensstarkes Mädchen, welches damit allerdings nur Ärger verursacht und sich bis heute nicht für seine eigene Vergangenheit verzeihen kann. Ein Problem, welches die männlichen Figuren im Film nicht zu kennen scheinen.

Dass Schauspielerin Zoe Kravitz in keiner ihrer Szenen einen BH unterm sehr tief ausgeschnittenen Kleid trägt, macht Leta zum (FSK 12) Lustobjekt des Films.

Die Figur „Nagini”,eine Schlangenfrau, die später mal Voldemorts Haustier wird, hat weit weniger Redezeit als Leta, ist aber ein nicht minder problematischer Charakter: Die südkoreanische Schauspielerin Claudia Kim ist das einzige asiatische Castmitglied, und spielt eine mit einem „Blutfluch” belegte Frau – sie verwandelt sich (oft unfreiwillig) in die Schlange Nagini. Irgendwann wird sie nicht mehr in der Lage sein, sich zurück zu verwandeln, und so zum Haustier eines alten, weißen Mannes. Naginis Befreier aus den Klauen eines bösen Zirkusbesitzers ist Credence, der das Ende von Film Eins wie durch ein Wunder (manche mögen es auch „Magie” nennen) überlebt hat. Offensichtlich wurde hier verzweifelt versucht, ihm irgendwie einen Sub-Plot zu geben.  

Credence sucht – nun mit Naginis Hilfe – immer noch seine Eltern, und trifft dabei in „Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen“ auf seine alte Nanny – eine Halbelfe, die aussieht wie die weibliche Version von Benjamin Button, und deren einzige Funktion im Film es ist, nach wenigen Minuten zu sterben. Ähnlich verhält es sich auch mit Newt Scamanders Tierpflegehelferin Bunty, die Newt eigentlich nur mal mit nacktem Oberkörper sehen möchte. Sie stirbt zwar nicht, muss aber zurückbleiben, um die Tiere zu hüten. Wie die gute, unwichtige Haushälterin, die sie ist. 

Weibliche Charaktere, die zur Handlung des Films beitragen, sucht man in „Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen“ vergeblich. Das zeitliche Setting in den 20er Jahren kann an diesem Umstand mitschuldig sein, aber ein Film aus dem Jahr 2018, der in einer magischen Welt spielt, verdient zumindest eine interessante weibliche Hauptfigur – die nicht beständig Nippel zeigen muss, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu halten.

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