pros and cons of pink floyd: ROGER WATERS hat Frieden mit der Vergangenheit geschlossen

Jetzt aber schnell: Nachdem Erzrivale David Gilmour seinen bräsig aufgeblasenen, viel zu lange Pink Floyd geheißenen Torso nun wohl endgültig begraben hat, schickt sich Roger Waters an, mit Riesentournee, neuer DVD und ungewöhnlicher Medienpräsenz in das entstandene Vakuum zu treten.

Die Bühne in der Preussag Arena suggeriert Nahbarkeit Bequeme Stühle für die Background-Damen, niedrige Podeste, volle Einsehbarkeit von drei Seiten – Waters hat seine Liebe zur Live-Musik wiedergefunden, nennt die aktuelle Band eine Familie und scheint auch zwischen sich und dem Publikum keine Mauer mehr zu entdecken. So gestählt, gibt’s kein Problem mit der eigenen Vergangenheit; die erste Hälfte der dreistündigen Show ist eine Art Pink-Floyd-Potpourri, das Waters scheinbar ganz ohne Zynismus zum Besten gibt. Doch obwohl der ewige Grantier im direkten Vergleich mit Gilmour in puncto künstlerischer Integrität leicht jeden Stich kriegt: Wenn bei „Shine On You Crazy Diamond“ Syd Barrett verklärt von der riesigen Leinwand starrt, wenn „Set The Controls For The Heart Of The Sun“ mit Bildern der jungen Floyds hinterlegt wird, und wenn zu den ärgerlichen „The Wall“-Fragmenten Filmschnipsel von Waters‘ unsäglichem Berliner Konzert von 1990 flimmern, dann ist das bloß Nostalgie, sonst nichts.

In der zweiten Hälfte ist alles besser. Waters singt „5.06 am (Every Stranger’s Eyes)“ vom anstrengenden „Pros And Cons… „-Album und stürzt sich bald auf die Songs des letzten, schrecklich übersehenen Albums „Amused To Death“. Da passiert’s: Die eben noch zum Imitieren gezwungene zehnköpfige Band aus alten Freunden (Snowy White, Andy Fairweather Low) und einigen neuen Gehilfen spielt sich frei und kann atmosphärisch dichte Werke wie „Three Wishes“ und „The Bravery Of Being Out Of Range“ zu voller Größe entfalten. Höhepunkt wird das schmerzhaft sarkastische „Perfect Sense“, bei dem Waters‘ verzweifelter Hass auf Kriegstreiber und Geldlenker in Surroundsound und mit eindrücklichen Bildern seine ganze theatralische Dramatik entwickelt.

Mit diesem Anlauf gelingt sogar der Sprung zurück ins Hauptwerk. „Brain Damage“ konnten auch Floyd nicht schöner, und am Ende ist sogar das sonst bloß noch rührselige „Comfortably Numb“ glaubhaft und bewegend.

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