Randy Newman: Berlin, Philharmonie

In jüngeren Jahren war Randy Newman nervös und angespannt vor so viel Volk. Heute macht er einen bemerkenswert lockeren Eindruck. Schon wie er zum Flügel schlendert, die Hosen ausgebeult, die füllige Figur im knappen Pullover. Künstler müssen nicht auch noch begnadete Kleiderständer sein. Die Lautsprecher indes sind deplatziert, von der viel gerühmten Akustik des Kammermusiksaals profitieren nur die teuersten Plätze. „It’s Money That I Love“, höhnt Newman, und Applaus brandet auf, auch bei den Arrivierten, die den Trend zur Zweit-Aktie nicht verschlafen haben. Der Meister hebt die Sottise in den Rang eines Spirituals. Da lacht der Shareholder, und die Schlange vor der Champagner-Bar im Foyer ist hernach so lang, dass die Konzertpause verlängert werden muss. Ist schon ein Kreuz mit der Ironie.

Schon weil sich heute jeder Dämlack in Distanz zur Welt wähnt, weil sich jeder drittklassige Texter mit wohlfeilem, da ungefährlichem Zynismus hervortut Meiner Treu, U2! Achtung, Baby, Ironie! Auf dem T-Shirt! Randy Newman weiß um diese Inflation, hat deshalb aber nicht das Florett gegen eine Haubitze eingetauscht. Muss er nicht Er lacht nur viel mehr in sich hinein. Vor 30 Jahren bestand dazu wenig Anlass. Seine Songs streuten Salz in schwärende Wunden. „Rednecks“ war eine Kampfansage, und „God’s Song“ reizte nicht nur bigotte Christenmenschen zu unheiligen Hasstiraden. Randy Newman hatte es leichter, als er noch geächtet wurde von denen, die er verachtete.

Manches zielt inzwischen ins Leere. „Short People“ wird bejubelt, na klar, „Davy The Fat Boy“ als verwandte Lachnummer missverstanden, und selbst „Dixie Flyer“, wiewohl vom Sänger vorab als streng biografisch klassifiziert, sorgt grundlos für Heiterkeit „Listen all you fools out there“, gab Randy da früher gern Zunder, „go on and love me, I don’t care“, und dann: „Oh, it’s lonely at the top.“ Ein „Handy“ quäkt Kein Publikum ohne Pöbel. Sein Gerät piepe schöner, kontert Newman, und greift in die Tasten: Freude schöner Götterfunken. Die Zugaben scheinen ernster – milder sind sie nicht: „Scarecrows dressed in the latest styles/ With frozen smiles to chase love away/ Human kindness is overflowing/ And I think it’s going to rain today.“ Ungeschminkte Wahrheit, pure Poesie.

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