Reflexionen über den Reflex

Henry „Hank“ Rollins legt nach: Mit neuer Band und altem Rock wird mal wieder kräftig „in den Arsch“ getreten – auch wenn er sich in diesem Moment eigentlich verdammt abgeschlafit fühlt „Es ist halt November“, sagt er, „da wird’s immer anstrengender für mich.“ Immerhin ist Musiker, Buchautor, Verleger, Kraftsportler und Spoken-Word-Perfomer Rollins mindestens 365 Tage im Jahr auf den Beinen, um seinen multiplen Ambitionen halbwegs gerecht zu werden.

Im letzten Jahr fand er gar noch Zeit für einen Trip nach Afrika, wo er sich in einem Safari-Camp auf die Suche nach den Wurzeln der Menschheit begab – oder so ähnlich: „Das war cool, Mann. Ich saß tagelang allein mit einer großen Packung Toblerone in meiner Hütte und lauschte den Geräuschen der Wildnis. Danach ging’s – frisch gestärkt? – zurück in den heimatlichen Dschungel von Los Angeles, wo er erst mal die Rolüns-Band feuerte, »feuerte? Quatsch! Sim, Chris, Melvin und Theo sind klasse, musikalisch sind wir aber seit einiger Zeit auseinandergedriftet Der ganz normale Gang der Dinge. Die Jungs wollten eher in Richtung Jazz – womit ich als Coltrane-Fan kein Probleme habe. Was mir aber nach wie vor fehlte, war ein kräftiger Tritt in den Arsch! Also haben wir uns getrennt“

Die neue Rollins Band hieß bis dato Mother Superioc, kommt ebenfalls aus LA. und machte unlängst mit ihrem (Hank-produzierten) Album „Deep“ auf sich aufmerksam. Gitarrist Jim Wilson, Bassist Marcus Blake und Trommler Jason Mackenroth „kick ass“, weiß Hank zu berichten. Was die drei zusammen mit ihrem ergrauenden Frontman (der 39. Geburtstag steht ins Haus) auf CD gebannt haben, lässt denn auch nichts zu wünschen übrig: „Get Some Go Again“ klingt, als hätten sich anno ’70 die Stooges mit den MC5 zum finalen Detroit-Rock-Marathon getroffen und dabei ordentlich „Arsche getreten“ -von der damals prähistorischen Aufnahmequalität mal abgesehen. Kurz: Rollins 2000 ist eine kompromisslose Reise ins Retroland. Oder etwa die demonstrative Abkehr von der angesagten Stil-Mixtur ä la Limp Bizkit und Korn? „Nein, ich hab nichts gegen die Bands, meine aber, dass sie nichts zu sagen haben. Klar, die Kids finden’s geil, aber die haben ja auch keine Ahnung, was sie alles verpasst haben. Wie die meisten Musikschreiber! Also feiern sie Korn, weil sie die Stooges nicht kennen. Das macht mich zwar stinkig, aber nicht so sehr, dass ich nun missionieren müsste.“ Schließlich kommen die Kids ja noch immer, wenn „Onkel Hank“ auf den Spoken-Word-Tourneen Schmankerl aus dem Musikerleben erzählt Eine kluge Altersvorsorge. Schließlich kommt selbst ein Kraftpaket mal in die Jahre.

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