Herbert Grönemeyer :: Zwölf
Ein Dutzend Hymnen über Gott und die Welt, nicht recht überzeugend
Grönemeyer, das ist ja nicht nur ein Songschreiber, Sänger, Tänzer. Das ist mehr als Musik, es ist eine Grundsatz-Entscheidung. Deine Stimme gegen Armut, Schulterschluss mit Bono, gegen Zynismus, für eine bessere Welt — man kann das Politische nicht wegdenken und nur die Hits abnicken, wenn man an Grönemeyer denkt. Er sei kein Gutmensch, nur ganz „in Ordnung“, betont er neuerdings gern, doch das ist ja auch schon viel im Musikgeschäft. Wer Erbauliches generell ablehnt und mit Pathos ein Problem hat, der wird mit diesem Mann nicht mehr glücklich werden. Alle anderen müssen sich leider auch anstrengen, um „Zwölf“ zu lieben. So leicht wie bei „Mensch“ macht es Grönemeyer uns nicht. „Stück vom Himmel“ mit der These „Die Erde ist freundlich/ Warum wir eigentlich nicht?“
wurde schon genug gescholten, wegen Tsunami, Hurrikan und so weiter. Dabei hat das Eröffnungslied immerhin den typischen, zwingenden Herbert-Hymnen-Charakter. Danach geht’s durchwachsen weiter. „Kopf hoch, tanzen“ beginnt mit einem käsigen 8oer-Jahre-Synthesizer und besticht durch einen lustigen Text von glamourösen Ingenieuren und Seelen-Ausverkauf: „Und wo geht es hier überhaupt zum Spaß?“ Eine gute Frage.
„Flüsternde Zeit“ ruft noch einmal den ach so herrlichen VWM-Sommer in Erinnerung und rügt die planlosen Politiker, die dem fidelen Volk nicht gerecht werden, es nicht zu bewegen verstehen. „Wir strotzen vor Elan/ Und verkümmern auf der Bank“? Da muss Herbert wohl das Wetter zu Kopf gestiegen sein. Wird aber bestimmt ein Hit, weil die Melodie sofort ins Ohr geht und es ja immer gern gehört wird, wenn die Regierung an allem schuld ist. Die Liebeslieder- „Du bist die“, „Leb in meiner Welt“- — sind eher bräsig als beseelt, auch „Ohne dich“ hält im drögen Refrain nicht, was die resoluten Strophen versprechen, berührt aber durch seine relative Schlichtheit, zumindest im Text. Nicht zu verwechseln mit Albernheit, wie in „Liebe liegt nicht“. Mal ehrlich —jeder andere Deutsche würde ausgelacht für solche Zeilen: „Liebe schmeißt nicht ständig Reis/ Aber sie macht dich leicht.“ Die Arrangements sind dick genug aufgetragen, um hier und da zu kaschieren, dass der Song darunter fehlt, aber manchmal nützt auch das fette Orchester nichts. Die können leere Luft nicht weggeigen. Am schönsten sind eigentlich die Stücke, die man gar nicht verstehen muss—wie das schwermütige „Marlene“ oder das dräuende Schlaflied „Zur Nacht“ mit dem guten Rat: „Zieh den Stecker raus.“ (EM/)