16 Horsepower :: Yours, Truly
Letzter Gruß aus der Hölle: ein Doppel-Album mit Raritäten
Das war eine andere, lange versunkene Ära, in der ein Major-Label wie A&M es wagte, einer sehr ausgeflippten Kapelle wie Captain Beefheart und seiner Magic Band das spektakuläre Single-Debüt zu finanzieren. Dieselbe Firma war noch 1995 so waghalsig, das unter keinerlei Mainstream-Verdacht stehende Ensemble 16 Horsepower unter Vertrag zu nehmen. Das musizierte seine in keine Stil-Schublade einzuordnenden Songs auf so ausgefallenen Instrumenten wie der Chemnitzer Concertina! Zur Umschreibung dieser Musik hätte man auf den Begriff „Folk noir“ verfallen können. Manche Kritiker sahen in 16 Horsepower bald die Pioniere einer Gothic-Americana-Bewegung, andere bezeichneten die Musik flapsig als „Alt-Country Goth“.
Die hier regelrecht inszenierte Atmosphäre von Verderben, Düsternis und Schwermut ist typisch für viele Aufnahmen der Band. Die von „Wayfaring Stranger“ fehlt zwar, die von „Bad Moon Rising“ und „The Partisan“ nicht: Die Songs von John Fogerty und Leonard Cohen boten sich für solche Deutungen an. Allemal gespenstisch klingt das auch, wenn sich Edwards & Co. zwischendurch an traditionellen Formen wie Jigs und Reels versuchten.
Manche seiner religiös inspirierten Songs legen (aus seiner Biografie verständlich, als Kind hatte er oft seinen Großvater begleitet, der Prediger war) den Verdacht nahe, dass Predigten über ewige Verdammnis einen nachhaltigeren Eindruck hinterließen als die Hoffnung auf Erlösung. Gelegentlich klingt Edwards auch schon mal wie ein von allen Höllenhunden gehetzter David Byrne – so bei „Black Soul Choir“ vom LP-Debüt „Sackcloth & Ashes“ mit dem Refrain „Every man is evil yes and every man a liar/ An unashamed with the wicked tongues sing in the black soul choir“. Das ist zarten Gemütern so wenig zu empfehlen wie manch vergleichbarer Nick-Cave-Song. Ironie findet sich hier nicht mal in Spurenelementen, Anklänge an Ennio Morricone eingeschmuggelt dagegen schon öfter mal.
Eine kleine Very-Best Of-Nachlese (von Fans ausgewählt) aus den bloß vier Studio-LPs findet man hier auf der ersten CD der Retrospektive; Single-B-Seiten, Demos und Remixes (auch die genannten Cover-Versionen) als Raritäten auf der zweiten. (Glitterhouse) franz schöler
Wolf Maahn ***¿
Rosen im Asphalt – Live!
Erweiterte Editionen der beiden Live-Alben von 1986 bzw. 1993
„Stoppt die AKWs!“ stand 1986 im Booklet – und steht dort auch heute. Von „Mittelstreckenraketen“ und „Star Wars“ ist die Rede – und dann kommt „Deserteure“. So hieß auch die Band von Wolf Maahn, mit der er die großartigen Platten „Bisse und Küsse“, „Irgendwo in Deutschland“ und „Kleine Helden“ aufnahm. Der Gitarrist Axel Heilhecker, der Bassist Werner Kopal, der Keyboarder Paco Saval und der Schlagzeuger Jürgen Zöller waren uns damals heilig – Heilheckers Soli waren so ergötzlich wie Maahns Texte, in denen jemand „den Oberfuzzi mimt“ und „die Dauerwelle seinem Tankwart nachgeäfft“ hat.
Das hört man jetzt wieder: das erotische „Ich wart‘ auf dich“, der Springsteen-Rock von „Fieber“, die innige Ballade „Wunder dieser Zeit“ und die „Bimbo-Club-Live-Party“ samt alter Soul-Songs, ergänzt um eine zweite CD mit weiteren Songs.