Chris Cornell :: Carry On

Nichts als Liebe: Der große Sänger schwächelt als Songschreiber

Die wundersame Wandlung des Chris Cornell ist vollkommen. Vor zehn Jahren trennte er sich von Soundgarden, im Februar hielt es ihn dann auch nicht mehr bei Audioslave. Der Sänger muss mit Anfang 40 endlich eigene Wege gehen. Vom Rock-Zirkus hat er sich ohnehin längst verabschiedet. Heute lebt er in Paris, rührt keinen Alkohol mehr an, aber besitzt dafür ein schickes Restaurant. Mit seiner zweiten Frau hat er in kürzester Zeit drei Kinder gezeugt, nebenbei eine kleine Karriere als Model angefangen – und jetzt mal wieder ein Soloalbum gemacht, acht Jahre nach seinem Debüt „Euphoria Morning“.

Lustigerweise hat er sich musikalisch gar nicht so sehr verändert. Mit „No Such Thing“ geht es gleich heftig los, Cornells Stimme setzt sich natürlich gegen die mächtigsten Gitarren durch. Dabei hat er gar nicht so viel zu sagen, die meisten Zeilen drehen sich um – nichts. Im Folgenden geht es vor allem um die Liebe in verschiedenen Variationen, wobei gerade die ruhigeren Stücke wie das schlichte „Arms Around Your Love“ oder das angesoulte „Safe And Sound“ zeigen, dass Cornell allein nicht gerade der einfallsreichste Songschreiber ist.

Bei „She’ll Never Be Your Man“ wird’s dann wiederum etwas zu originell: Da geht es um eine Frau, die sich offensichtlich für eine Konkurrentin des Protagonisten entschieden hat, was den dazu treibt, die Abtrünnige zu ermahnen: „She can be your lover/ She can be your friend/ She can be your vision of a mother/ Like the one you never had/ She will know your troubles better then I can/ Yeah but she’ll never be your man.“ Puh. Dann doch lieber der etwas wirre, unbestimmt dräuende Rock von „Ghosts“, bei dem man nie genau weiß, wo er hinführt und was er bedeuten soll. Leider hält sich Cornell häufiger an monoton Gemäßigtes, wie ein ganz Erwachsener halt. Bei „Your Soul Today“ mag das noch angehen, „Finally Forever“ überschreitet allerdings deutlich die Schunkel-Schmerzgrenze.

Produziert hat diesmal Steve Lillywhite, es klingt also alles schlüssig und wuchtig-und manchmal übersieht man bei all dieser Professionalität den kleinen Mangel an Substanz. Für Freunde des Oberflächlichen hat Chris Cornell noch ein lustig lahmes Cover von Michael Jacksons „Billy Jean“ und den 007-Song „You Know My Name“ zu bieten. Für Freunde seiner explosiven frühen Jahre ist das einfach zu wenig. (universal)

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