45 RPM von Wolfgang Doebeling

Madchester revisited: BLACK GRAPE nennt der gute, alte, unzurechnungsfähige Shaun Ryder seine neue Band, der auch das Faktotum Bez und ein gewisser Kermit angehören. „Reverend Black Grape“ (Radioactive) scheißt auf den Papst, doch läßt sich sonst nichts Positives über die Single sagen: räudig-funky, besoffen-laut und nicht weniger überflüssig als die letzten Happy Mondays-Peinlichkeiten. 1,5

Aus der Versenkung wieder aufgetaucht sind auch THE CHARLATANS „Just Lookin“ (Beggars Banquet/RTD) beginnt akustisch und fällt dann auf ein Second-Hand-Riffzurück, ohne jede Härte und Dringlichkeit, dafür mit einiger melodischer Expertise. 3,0

THE VERVE tragen an Madehester keine Schuld, landeten nach dem unrühmlichen Ableben der wichtigsten Protagonisten aber gleich mit im Krematorium der Pop-Geschichte. Die Asche ist noch nicht einmal kalt, da steigen sie mit dem vor Selbstbewußtsein strotzenden „This Is Music“ (Hut/Virgin) bereits wieder wie Phoenixe daraus empor. Damit war nicht zu rechnen. Nicht ganz Oasis-Klasse, aber viel fehlt nicht. 4,0

MARION bleiben ihrem Smiths mit-Sixties-Flair treu, erreichen aber vor allem aufgrund melodischer Defizite mit „Toys For Boys“ (London/Metronome) nicht das hohe Niveau des Vorgängers „Sleep“. Trotzdem fulminant. 4,0

BLONDE REDHEADS sind Amis, pflegen auf „Ten Feet High“ (Smells Like Records/EFA) aber den süß-dissonanten und gleichwohl durchtriebenen Dilettantismus der seligen Raincoats. Aufs alternativste adrett. 2,5

Aus Spanien kommt die 7inch EP „Tribute To Steve Marriott“ (Elefant), auf der sich vier Mod-Bands vor dem im April 1991 verstorbenen Small Faces-Sänger verbeugen, indem sie seine Songs covern. Am überzeugendsten tun dies THE LAZY SUNDAYS mit einer hübsch blumigen Version von „Afterglow“, die ganz ohne den frenetischen Überschwang des Originals auskommt. 3,0

Die seit langem beste LYRES-45 heißt „Give Your Love To Me“ (Norton) und ist von altbewährter Monomanie. Mitreißender noch ist die Garage Stomp-Version von Otis Reddings „Security“ auf der B-Seite. Groovy. 4,0

Alles andere als cool, dafür erfolgreich sind SHED SEVEN. „Where Have You Been Tonight?“ (Polydor) erinnert bei aller Bemühtheit um musikalische Brisanz fatal an den Pomp von Big Country und The Alarm. Eine Band mit kommerzieller Zukunft und schon jetzt big in Franco. Pah! 2,0

Passionierten Doo-Wop mit Gospel-Obertönen hat man lange nicht mehr so emphatisch, so inbrünstig gehört wie auf „Down In The Docks“ (Serenade) von den CITY DWELLERS aus Kanada. Sam Cooke kommt in den Sinn und die Olympics, wenn sie ernsthaft waren. Brillant bis auf die kühl-kalkulierte und leider digitale Produktion. Whatawaste. 3,5

Die erste Solo-Single von SEAN MENCHER beschert uns mit „When You Smile“ (Goofin‘ Records) verhaltenen Country-Bop mit Old-Timey-Sensibilität, und mit der Rückseite „Comanche Moon“ ein meisterliches Stück akustisches Fingerpickin‘, so exquisit, wie man es vom High Noon-Gitarristen erwarten darf. 4,0

DOC THOMAS & His HONKY TONKIN‘ MUSIC LOVERS aus Berlin sind auf „Jimmy’s Diner“ (Part Records) auf dem richtigen Weg und haben das Herz fraglos auf dem rechten Fleck, auch wenn ihre Debüt-Single noch ein wenig holprig daherkommt. Was an Stilsicherheit fehlt, wird jedoch durch Enthusiasmus fast wieder wettgemacht. 3,0

MARCALMOND, mit Soft Cell bedeutsam, verzettelte sich mit seinen Brei-Interpretationen. Nun ist er umgekehrt, aber „Adored And Explored“ (Mercury) ist nur beliebig leiernder Dancefloor-Pop. 2,0

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates