ABBA :: In Japan

Bizarre Dokumentation des Zusammenpralls zweier Welten

Als sie 1978 nach Japan reisten, hatten sie eine weniger gute Platte {„ABBA -The Album“) hinter und eine weniger gute („Voulez-Vous“) vor sich. England war erobert worden, Amerika leistete Widerstand. Am Flughafen von Tokio (die Herren schoben das Gepäck selbst) wurden sie von Claqueuren und einer offiziellen Delegation begrüßt. Auch das Fernsehen wollte gleich ein paar Worte von den in Japan noch weithin unbekannten Schweden hören. Die antworteten mit stoischer Ruhe. Zeremonielle Pressekonferenzen, gespenstische Playback-Auftritte und seltsam unwirkliche Autogrammstunden in Plattengeschäften folgten. Immer wieder versicherten Björn und Agnetha, sie seien sehr gern im Land – schade nur, dass sie so gar nichts davon sehen könnten. Aber beim nächsten Mal!

Im Frühjahr 1980 kamen ABBA tatsächlich wieder, und abermals wurde eine erstaunlich wirre Dokumentation gedreht (nur der „Deluxe Edition“ beigefügt). Der Japaner liebt offenbar Abgänge, denn mehrfach sieht man, wie die Band die Bühne verlässt; die Songs sind zerstückelt und klingen, als wären sie beschleunigt worden, als hätten Agnetha und Frida Helium eingeatmet; und das alles wabert asynchron. Im Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen fahren die Gäste auch. Unweigerlich denkt man an Bill Murray in „Lost In Translation“: Sofia Coppolas Film wurde ja Xenophobie, gar Rassismus vorgeworfen – doch die Auftritte von ABBA haben genau dieses Hilflose, Somnambule, manchmal Belustigte.

Das eigentliche Fernseh-Special von 1978 besteht aus bizarren Studio-Autritten mit Gehampel zu den üblichen Gassenhauern in Fantasiekostümen, die sogar in den Siebzigern und in Japan aus einer fernen Galaxie zu stammen schienen. Es war ein doppeltes Märchen, diese Begegnung von ABBA und Japan – der reinste Surrealismus.

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